Oft lohnt sich ein Blick über den Tellerrand. Seien es ÖPNV-Projekte in der Umgebung, zum Beispiel die Wallauer Spange, oder Berichte über neue oder etablierte Straßenbahnen in Deutschland, Europa und der Welt.
Straßenbahnen verbinden, auch über Grenzen hinweg. Seit 2017 kann man von Kehl (rund 35.700 Einwohner) im Westen Baden-Württembergs über den Rhein direkt ins Zentrum von Straßburg (rund 277.000 Einwohner) fahren.
Letztes Jahr pünktlich zu Beginn des Weihnachtsmarktes in der elsässischen Metropole, die sich selbst als Weihnachtshauptstadt („Capitale de Noël“) bezeichnet, wurde die Strecke dieses Jahr von der bisherigen Endstelle am Kehler Bahnhof bis zum Rathaus in der Stadtmitte verlängert. Montag bis Freitag nutzten zwischen 4.000 – 5.500 Fahrgäste täglich die neue Verbindung. Schon im ersten Monat verdoppelten sich die Fahrgastzahlen gegenüber der vorher bestehenden Busanbindung. So hat die Straßenbahnanbindung Kehls vor Beginn der Corona-Pandemie auch zur Belebung des dortigen Einzelhandels beigetragen, da viele Straßburger wegen der günstigen Einkaufsmöglichkeiten nach Kehl kammen. Auch die Wirtschaft profitiert von der neuen Linie. Während Arbeitsplätze in Straßburg rar sind, gibt es in Kehl und dem angrenzenden Ortenaukreis einen Arbeitskräftemangel. Durch die auch für Pendler attraktive Straßenbahnverbindung konnten viele dieser Stellen besetzt werden.
Eine Straßenbahnverbindung zwischen Kehl und Straßburg bestand schon einmal. Die politische Situation zwischen Deutschland und Frankreich nach dem ersten Weltkrieg beendete aber den Betrieb der 1898 eröffneten Straßenbahnverbindung. Das endgültige Aus kam dann 1944, als die Brücke zwischen Straßburg und Kehl gesprengt wurde. Aber auch in Straßburg endete 1960 der Straßenbahnbetrieb. Dem damaligen Trend folgend kaufte man lieber neue Busse, als in die Straßenbahn zu investieren. In den folgenden Jahren wurde der zunehmende Individualverkehr und die sich damit verschlechternde Luftqualität aber immer mehr zum Problem. Ein leistungsfähiges und attraktives Verkehrsmittel musste her. Nachdem sich eine automatisch betriebene U-Bahn als zu teuer erwies, fasste das Stadtparlament von Straßburg 1989 den Grundsatzbeschluss zur Wiedereinführung der Straßenbahn. Fünf Jahre später konnte bereits die erste Linie eröffnet werden. Heute bilden die sechs Straßenbahnlinien die Hauptachsen des ÖPNV-Angebots, das durch 28 Buslinien ergänzt wird.
Nach Nantes und Grenoble war Straßburg die dritte französische Stadt, die nach Stilllegung die Straßenbahn wieder einführte. Seitdem folgten 21 französische Städte ihrem Vorbild. Mit der alten Tram hat die neue Straßenbahn aber nicht mehr viel gemein. Denn man nutzte nicht nur den technischen Fortschritt, sondern legte auch viel Wert auf gutes Design und eine optimale Einbindung in das Stadtbild. Wo früher Asphalt dominierte, wurde der Straßenraum neu aufgeteilt und Platz für die auf Rasengleis verkehrende Straßenbahn und neue Bäume geschaffen. Fast ohne Werbung und in eleganter Lackierung in weiß, braun- und grünmetallic sind die modernen Bahnen ohne Stufen heute aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken.
Durch den automatischen Versand von Wahlunterlagen an alle Wähler kann die Wahlbeteiligung spürbar erhöht werden. Das zeigt ein Blick auf die Bayrische Kommunalwahl im März 2020.
Die Krise zur Chance: Höhere Wahlbeteiligung durch Briefwahl
Zwei Wochen nach der Bayrischen Kommunal-Hauptwahl kam es am 29. März in 121 Städten und Gemeinden zu Stichwahlen. Die Stichwahl selbst – so beschloss es die Landesregierung mit Rücksicht auf die Corona-Pandemie – wurde als reine Briefwahl durchgeführt. Die Wahllokale blieben geschlossen, alle Bürger bekamen automatisch Briefwahlunterlagen zugesendet.
Das hatte einen deutlich positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung: In 109 der 121 Stichwahlen lag die Wahlbeteiligung höher als bei der Hauptwahl – in einigen Städten stieg die Wahlbeteiligung um über zehn Prozentpunkte, in Ingolstadt gar um zwölf Prozent.
Dass sinkende Wahlbeteiligungen bei Stichwahlen eher Standard sind, zeigt auch ein Blick nach Hessen: Insgesamt 92 der aktuell amtierenden Bürgermeister und Landräte in Hessen sind durch eine Stichwahl im Amt. Bei 81 dieser Stichwahlen lag die Wahlbeteiligung niedriger als bei der Hauptwahl.
Die Hessischen Stichwahlen zeigen drei außergewöhnliche Ausreißer nach oben: Bei den Stichwahlen in Bad Karlshafen, Offenbach (Main) und Friedberg (Hessen) lag die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl um mehr als zehn Prozentpunkte höher als bei den Hauptwahlen. In Bad Karlshafen musste die Stichwahl nach einem skurrilen Scherz eines Wahlhelfers in einem Bezirk wiederholt werden; die Wiederholungswahl hatte durch die mediale Aufmerksamkeit eine enorme Wahlbeteiligung von 81,3%. Der Tag Stichwahlen in Offenbach und Friedberg fiel mit der Bundestagswahl 2017 zusammen – der Grund für die gestiegene Beteiligung.
Auch in den Hessischen Direktwahlen nimmt die Wahlbeteiligung zur Stichwahl hin also meist ab – dargestellt sind hier die jeweils letzten Landrats- und (Ober-)Bürgermeisterwahlen. Das Muster ist folglich auch hier offensichtlich – die Beteiligung bei der Stichwahl ist in der Regel geringer als bei der Hauptwahl. Die Landrats- und Bürgermeisterwahlen finden an keinem zentralen Termin statt, sodass hier der Zeitraum von 2014 bis 2020 ausgewählt ist. Dargestellt ist jeweils die letzte Wahl – sofern es eine Stichwahl war.
Baustellen, verbunden mit Einschränkungen im Verkehr, mit Lärm und Emissionen, bringen immer negative Beeinträchtigungen für Anlieger, Besucher und Co mit sich. Und da ist es auch gleich, ob es sich um Straßenbahnbaustellen, grundsanierte Leitungsnetze, Brücken, Tunnel, Tiefgaragen oder Neubauten handelt. Wobei immer betont werden muss, dass im Falle des Straßenbahnprojekts keineswegs die ganze Stadt zur Großbaustelle wird, sondern jeweils einzelne Etappen für einen überschaubaren Zeitraum von einigen Monaten.
Dennoch: Baustelle bleibt Baustelle. Und um Bauarbeiten, die einen Übergang in eine künftig verbesserte Situation zu überstehen, verdienen besonders betroffene Anwohner, Einzelhändler und Gewerbetreibende Unterstützung. Deshalb werfen wir noch einmal einen Blick über die Stadtgrenzen hinaus, auf der suche nach nachahmenswerten Modellen.
Der Verkehr in Wiesbaden, und diese Einsicht eint Befürworter und Gegner der Straßenbahn gleichermaßen, bedarf eines grundlegenden Umbaus. Die einseitige Öffnung der einer anderen Epoche entstammenden Stadt für eine stetig wachsende Flut von Autos übersteigt das, was Wiesbadens Straßen leisten können, bereits seit Jahren. Die Folgen kennt jeder: Tagtäglicher Stau, endlose Parkplatzsuche und ein Kollaps des Stadtverkehrs schon bei kleinen Störungen.
Wer ‘Augen zu und durch’ für eine Option hält, ist einer Illusion verfallen. Denn der zunehmende Verkehr ist keine Phase, die wir überstehen müssen; der sich schon von selbst irgendwie löst, wenn wir einfach nur noch ein wenig durchhalten.
„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“
Verkehr ist kein Schicksal, sondern das Produkt unserer Handlungen und Entscheidungen. Der Verkehr in Wiesbaden muss neu organisiert werden. Das lässt sich nicht durch ein paar Pinselstriche hier und da gewährleisten, sondern bedarf einer strukturellen Neuordnung.
Unabhängig davon, ob das per Straßenbahn (die wenig überraschend unser Favorit ist), per BRT, per U-Bahn oder sonstigen Verkehrsmitteln geschieht: Die Änderungen in Wiesbaden werden spürbar und vor allem deutliche Bauarbeiten nach sich ziehen.
Aktuelle Entwicklungen in Wiesbaden
In aller Kürze seien hier die aktuellen Entwicklungen und Presseberichte zu dem Thema „Baustellen und Entschädigungsmanagement“ dargelegt:
September 2018: Die IHK Wiesbaden fordert in ihrem Positionspapier „Mögliche Auswirkungen einer CityBahn auf die Wirtschaft„: „Beeinträchtigungen für Gewerbebetriebe während der Bauzeit müssen so gering wie möglich gehalten werden. Als Instrumente eignen sich ein Entschädigungsmanagement, ein koordiniertes Baustellenmanagement und ein Baustellenmarketing.„
September 2019: Die Einzelhandels-Werbegemeinschaft Wiesbaden Wunderbar positioniert sich in der Presse: „Sollte das Projekt tatsächlich umgesetzt werden, muss in der späteren Bauphase den Geschäftsleuten aktiv geholfen werden, um Härten entgegenzuwirken. Die Wirtschaft sei hierzu gesprächsbereit, brauche aber eine Vertrauensperson, die sich einbringe und Lösungsideen entwickelt und durchsetzt.“
Februar 2020: Der Ausschuss für Planung, Bau und Verkehr beschließt ein Baustellen- und Entschädigungsmanagement – also eine klare Kommunikation vor und während der Bauarbeiten genauso wie die Einrichtung eines Entschädigungsmanagementes, um Einzelhandel und Gewerbetreibende, die während der Bauarbeiten einbußen erleiden, finanziell zu unterstützen.
Wiesbaden ist weder die erste noch die letzte Stadt in Deutschland, in der der örtliche Einzelhandel von Baumaßnahmen betroffen ist. Deshalb gibt es in fast allen Städten Beispiele für gelungene (oder eben nicht gelungene), baubegleitende Maßnahmen, die dafür sorgen, dass die Auswirkungen auf Anwohner, Einzelhändler, Gewerbetreibende und Kunden so gering wie möglich ausfallen.
Das beginnt bereits mit einer frühzeitigen Kommunikation des Zeitplans sowie der Einbindung der Betroffenen in die Planung. Auch die ständige Präsenz eines Ansprechpartners vor Ort, der sowohl für Anwohner als auch Besucher Fragen beantwortet, kleine Probleme sofort und vor Ort klärt und die großen Dollpunkte ‘nach oben’ kommuniziert, kann viele Konflikte schon im Vorfeld aus dem Weg räumen. So beispielsweise geschehen in Mainz bei der Sanierung der Straßenbahngleise am Mainzer Hauptbahnhof im Sommer 2019. Die Stadt München stellte den inhabergeführten Geschäften im sogenannten Ruffinihaus während der zweijährigen Sanierung des Gebäudes Ersatzflächen zur Verfügung. So konnten die Einzelhändler während der Bauarbeiten in zentral gelegene Ausstellungsflächen des Stadtmuseums umziehen.
Die Handelskammern dieser Republik haben vielfach bereits Best-Practice-Beispiele rund um das Thema Baustellenmarketing zusammengetragen – zu Einstieg verlinken wir hier einige Broschüren mit Dutzenden kleinen wie großen Maßnahmen, Ideen und Praxisbeispielen:
Zwei Städte wollen wir aber näher unter die Lupe nehmen: Ulm und Karlsruhe. Gerade weil besonders in Karlsruhe der Umfang der Bauarbeiten das Wiesbadener CityBahn-Bauvorhaben um ein Vielfaches übersteigen, lohnt sich ein Blick auf deren Ideen für eine allgemeinverträgliche Umsetzung.
Ulm: Gratis-ÖPNV an Samstagen
Ulm baut um: Unter dem Dach des “Masterplan citybahnhof ulm” werden mehrere Großbauprojekte in unmittelbarer Nachbarschaft koordiniert. Der Hauptbahnhof selbst bekommt ein neues Empfangsgebäude und eine Fußgängerunterführung, die nun auch das westlich des Bahnhofs gelegene Dichterviertel anschließt.
Auf den Bahnhofsvorplatz wird die neue Straßenbahnlinie 2 verlegt, darunter entsteht ein neues Parkhaus, es entsteht ein neuer Busbahnhof, mehrere neue Gewerbe- und Einzelhandelsimmobilien in den “Sedelhöfen” und nicht zuletzt ein neues Gebäude, in dem die Stadt Ulm künftig ihre “zentralen Bürgerdienste” verkehrsgünstig konzentriert.
Über fünf Jahre lang sind der Ulmer Hauptbahnhof und seine Umgebung somit eine Großbaustelle – und das unter rollendem Rad. Denn sowohl Fernzüge, Busse, Straßenbahnen als auch der Straßenverkehr vor dem Hauptbahnhof, der Friedrich-Ebert-Straße, sollen, so gut es geht, weiter rollen.
Neben vielen bemerkenswerten Begleitmaßnahmen rund um diese Baustelle – von einer umfassenden Bürgerbeteiligung über Live-WebCams, Baustellenführungen und Infopoints hin zu einem “Kreativ Wettbewerb BAUEN” für Kinder und Jugendliche gibt es eine Maßnahme, die besondere Beachtung verdient: der kostenlosen Nahverkehr.
Die Stadt Ulm befürchtete, dass langwierige Bauarbeiten sowohl Touristen als auch Einheimische aus der Innenstadt vertreiben und dadurch Einzelhandel und Gastronomie Einbußen bescheren könnten, zumal die Bauarbeiten auch den Parkraum einschränken.
Im Dezember 2018 beschloss der Ulmer Gemeinderat daher einstimmig: Nahverkehr innerhalb der Stadt gibt es an den Samstagen gratis. Zunächst auf neun Monate begrenzt, wurde diese Maßnahme wegen ihres Erfolgs vor wenigen Tagen bis Mitte 2022 verlängert.
„Die komplette Steigerung um zehn Prozent zeigt, dass wir mit einem attraktiven Angebot auf dem richtigen Weg sind. Dies ist ein toller Erfolg, mehr Leute zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen!“
Gunter Czisch, Bürgermeister der Stadt Ulm
Ulms Bürgermeister Gunter Czisch zeigt sich von der Idee überzeugt: An Samstagen seien nun 45% mehr Fahrgäste im ÖPNV unterwegs als zuvor. Aber auch unter der Woche stiegen die Fahrgastzahlen und führten so zu einem Gesamtzuwachs von zehn Prozent.
Auch in Karlsruhe wird unter dem Titel Kombilösung Karlsruhe fleißig gebaut: Um die Leistungsfähigkeit des Karlsruher Straßenbahnnetzes weiter zu erhöhen, soll die Bahn auf einzelnen, innerstädtischen Abschnitten unter die Erde verlegt werden. So soll die Straßenbahn, die bislang durch die Fußgängerzone fährt, künftig unterirdisch verkehren. Hinzu kommt eine oberirdische Neubaustrecke auf der Kriegsstraße sowie ein unterirdischer Abzweig Richtung Süden. Insgesamt knapp dreieinhalb Kilometer Straßenbahntunnel sind dafür notwendig.
Der Stadtbahntunnel wird dabei in offener Bauweise gebaut. Das bedeutet: Die Straße wird aufgerissen, ein ca. 13 Meter tiefer Graben ausgehoben, die Stadtbahngleise und sonstige Leitungen reingebaut, der Tunnel per Deckel verschlossen und anschließend oben wieder gepflastert oder bepflanzt.
Was aufwendig klingt, ist auch aufwendig: Der Baubeginn war 2010, mit der Inbetriebnahme des Tunnels wird aktuell nicht vor 2021 gerechnet. Dass die Straßenbahnen oberirdisch weiterfahren, während der Tunnel gebaut wird, verkompliziert die Bauarbeiten. Im Rahmen der Entschädigungen, die Einzelhändlern bei Umsatzeinbußen durch erhebliche Baustellen in der Regel zustehen, wurden in Karlsruhe in den ersten acht Baujahren insgesamt 13 Millionen Euro ausgezahlt.
Zusätzlich legte die Stadt einen Innenstadtfonds auf. Aus diesem können mit weiteren Projekten die anliegenden Einzelhändler gefördert werden – Veranstaltungen, Marketingmaßnahmen, Gewinnspiele und Co. Bereits im ersten Jahr wurden 29 Ideen mit jeweils mehreren tausend Euro aus diesen Mitteln. Dazu zählen beispielsweise Straßenfeste, Lichtinstallationen, großflächige Werbung für Geschäfte auf Fahrzeugen der Karlsruher Verkehrsbetriebe oder eine neue, gemeinsame Internetpräsenz der inhabergeführten Einzelhändler der betroffenen Straßenzüge.
Vorher
Nachher
Die Bauarbeiten in der Karlsruher Innenstadt übertreffen die, die für die Wiesbadener CityBahn nötig sind, um ein Vielfaches – sowohl zeitlich als auch finanziell. Die Aushebung des Innenstadt-Tunnels ist viel mehr mit dem Bau einer U-Bahn vergleichbar. Deshalb ist Vorsicht geboten, die Auswirkungen dieser Baumaßnahmen auf Wiesbaden zu übertragen. Nichtsdestotrotz bieten die Ansätze rund um das Karlsruher Baustellenmarketing wertvolle Ideen.
Angeregt durch das Beispiel vieler anderer Städte muss auch Wiesbaden das Rad nicht neu erfinden. Gleichwohl gilt es, diejenigen Lösungen zu wählen, die auch (oder gerade) in unserer Stadt besonders gut greifen und die negativen Folgen von Bauarbeiten so weit wie möglich abfedern.
„Kommt her, trotz Baustelle“, laute die Botschaft, die alle mittragen müssten, so Haussmann. Vereinzelte Gewerbetreibende, die ihrer Verärgerung in lokalen Medien Luft machten, schadeten dagegen der gesamten wer Geschäftsumgebung, weil sie Kunden abschreckten.
Kommunikationsforscher André Haussmann in: Allgemeine Zeitung, 13. Dezember 2017
Wer könnte diese Ideen besser entwickeln und beurteilen, als die betroffenen Anwohner, Einzelhändler und Gewerbetreibende selbst; unterstützt von IHK und städtischen Behörden? Nichtsdestotrotz wollen wir folgend unsere einige Ideen und Anforderungen umreißen. Aber Anregungen und Wünsche seien uns im Zeichen der Weihnachtszeit erlaubt:
eine klare Kommunikation der einzelnen Bauphasen, des Zeitplans, der Art der Bauarbeiten und der angedachten Verkehrsführung sowohl für den Anwohner-/Lieferverkehr als auch für Besucher und Transit ist unumgänglich.
die Einbeziehung von Anwohnern sowie ortsansässigen Einzelhändlern und Gewerbetreibenden in die Entwicklung der Marketingmaßnahmen und der Verkehrsführung.
die ständige Präsenz eines Ombudsmanns/Baustellenmanagers an einem Infopoint vor Ort.
die Auflage eines Innenstadtfonds (nach Karlsruher Modell) zur Förderung von Einzelhandels- und Stadtteilinitiativen während der Bauarbeiten.
die Zurverfügungstellung von Werbeflächen für besonders betroffene Einzelhändler, beispielsweise an den Außenflächen der ESWE-Busse.
die Bereitstellung alternativen Einzelhandelsflächen für besonders betroffene Einzelhändler
die Preisreduktion bzw. Freigabe des öffentlichen Nahverkehrs in den von Bauarbeiten besonders betroffenen Stadtteilen
die Einrichtung von hochfrequenten Shuttles zwischen Umsteigepunkten und Parkplätzen zur Entlastung der von Bauarbeiten beeinträchtigten Hauptverkehrsstraßen.
die Prüfung der temporären Einrichtung von Busspuren parallel zu den Baustellen, um die Leistungsfähigkeit und Geschwindigkeit des Busverkehrs und der Shuttles zu gewährleisten.
Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dir fehlt ein wesentlicher Punkt? Dann ab in die Kommentare damit!
Seit dem Jahr 2000 haben 114 Städte die Straßenbahn wieder eingeführt
Immer mehr Städte setzen auf die Straßenbahn. Im Jahr 2019 startete der Betrieb neuer Straßenbahnsysteme in sieben Städten. Damit erhöht sich die Zahl der Städte, die weltweit seit dem Jahr 2000 die Straßenbahn wieder eingeführt haben auf 114. Insgesamt gibt es damit über 400 Straßenbahnbetriebe. Auch in den kommenden Jahren wird sich diese Entwicklung fortsetzen. In vielen Städten sind Straßenbahnen geplant oder bereits im Bau. Bestehende Systeme werden zudem ausgebaut und erweitert. Nachfolgend ein kleiner Überblick über 2019 eröffnete Straßenbahnbetriebe und ein Ausblick welchen Städten in den beginnenden Zwanziger Jahren die Straßenbahn einführen werden.
Shanghai und Chengdu – neue Straßenbahnstrecken in China
Aus der Ferne scheint uns China als das Land der Elektrobusse. Angesichts des Elektrobusbooms wird leicht übersehen, dass in chinesischen Metropolen auch das städtische Schienennetz massiv ausgebaut wird. Denn auch in China reicht die Kapazität von Bussen oftmals nicht aus. Neben rasch wachsenden U-Bahnnetzen, die wegen der extrem hohen Bevölkerungsdichte in den Mega-Städten erforderlich sind, entstehen auch neue Straßenbahnstrecken. In der Provinzhauptstadt Chengdu (14 Mio. Einwohner) ergänzt seit dem 26.12.2018 eine 13,7 km lange Straßenbahnstrecke das Metronetz 1http://www.ecns.cn/hd/2018-12-27/detail-ifzccnsu7720873.shtml. Zum selben Datum nahm auch die einwohnerstärkste chinesischen Stadt Shanghai (26 Mio. Einwohner) die erste richtige Straßenbahnlinie in Betrieb. Ein bestehendes System mit spurgeführten Doppelgelenkbussen in straßenbahnähnlichen Design wird nicht weiter ausgebaut. Die neue Straßenbahnstrecke wurde im Jahr 2019 weiter ausgebaut und um eine zweite Linie ergänzt 2https://www.urban-transport-magazine.com/keolis-tram-in-shanghai-weiter-ausgebaut/.
Von Avignon bis Waterloo – neue Straßenbahnbetriebe des Jahres 2019
In Frankreich gab es 1975 gerade mal 3 Städte mit Straßenbahnen. Mit den im Jahr 2019 neu eröffneten Netzen in Caen und Avignon, die wir hier schon vorstellten, haben jetzt bereits 27 französische Städte eine Straßenbahn.
Eine weitere Stadt in Australien, die seit 2019 eine Straßenbahn hat, ist Newcastle im Bundesstaat New South Wales. Die am 17. Februar 2019 eröffnete Strecke zwischen Bahnhof und Strand ist allerdings nur 2,35 Kilometer lang und nutzt Teile einer stillgelegten Eisenbahnstrecke. Wegen der Kürze der Strecke konnte auf eine Oberleitung verzichtet werden. Die Straßenbahnwagen besitzen Batterien, die an den Stationen aufgeladen werden. Dafür muss jede Station mit einer ausreichenden Stromversorgung ausgestattet werden, was nur in einem kleinem Netz und bei kurzen Distanzen möglich ist. Zudem erhöht eine mitgeführte Batterie das Fahrzeuggewicht und ist in ihrer Lebensdauer begrenzt.
Auch in Kanada führten weitere Städte 2019 Straßenbahnen ein. Im September 2019 wurde in der Hauptstadt Ottawa, der sechsgrößten Stadt des Landes, die 12,5 Kilometer lange Confederation Line eingeweiht. Auch wenn die Züge wie Straßenbahnen aussehen ähnelt die Strecke eher einer U-Bahn und verläuft in der Innenstadt im Tunnel. Dadurch verlängerte sich die Bauzeit und der Bau wurde deutlich teurer als bei einer oberirdischen Führung. Eine moderne Stadtbahn verbindet seit Juni 2019 auch die Städte Waterloo und Kitchener. In einer weiteren Etappe wird auch das kanadische Cambridge angebunden. Dann wird das Netz 37 Kilometer lang sein. Teilweise wurden alte eingleisige Eisenbahntrassen für die Stadtbahn zweigleisig ausgebaut.
Auch in Südamerika erkennen immer Städte den Wert einer Straßenbahn als leistungsfähiges Verkehrsmittel. Cuenca, mit rund 331.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Ecuadors, ist der ersten Straßenbahnbetrieb des Landes und der höchstgelegene der Welt. Die Strecke verbindet ein großes Neubaugebiet mit der Altstadt, dem Busbahnhof, dem Flughafen sowie einem Industriepark mit 12.000 Arbeitsplätzen. In der Altstadt, die zum UNESCO-Welterbe zählt, verkehren die Bahnen je nach Fahrtrichtung durch parallel verlaufene Einbahnstraßen. In diesem Bereich erfolgt die Stromzufuhr durch eine Unterleitung (APS-Stromschiene). Da der Strom hier nur freigeschaltet werden kann, wenn sich das Fahrzeug über der Stromschiene befindet, ist dieses System aber aufwändig und kann störanfällig sein.
„Renaissance der Straßenbahn“ hält in den 2020er-Jahren an
Derzeit planen und bauen weitere Städte neue Straßenbahnstrecken. In Deutschland gibt es neben Wiesbaden konkrete Planungen zur Einführung der Straßenbahn auch in Erlangen, Regensburg und Ludwigsburg. Das Thema wird auch in Aachen, Bremerhaven, Hamburg und Kiel diskutiert. Andere Städte sind schon weiter. Im Jahr 2020 wird die Straßenbahn im schwedischen Lund fertiggestellt. Mit rund 88.000 Einwohnern ist Lund die elftgrößte Stadt Schwedens und eine der am schnellsten wachsenden Städte des Landes. Die Straßenbahnlinie, die im August 2020 in Betrieb gehen soll, führt vom Hauptbahnhof über das mittelalterliche Stadtzentrum zu einen neuen Stadtteil im Nordosten von Brunnshög. Im geplanten Endzustand werden 50.000 Menschen entlang der Straßenbahn leben oder arbeiten6https://de.wikipedia.org/wiki/Stra%C3%9Fenbahn_Lund.
Weitere für 2020 geplanten Eröffnungen neuer Straßenbahnbetriebe sind in den Städten Mostaganem und Annaba (beide in Algerien (Afrika)), in Lusail (Katar (Asien)) sowie in Cochabamba (Bolivien (Südamerika)) vorgesehen. Im Jahr 2021 werden auch Odense (Dänemark), Tampere (Finnland) und Tel Aviv (Israel) neue Straßenbahnen bekommen.
Nachtrag 30.01.2020: Nach Veröffentlichung dieses Artikels wurden noch weitere im Dezember 2019 eröffnete Betriebe bekannt. So wurden im Emirat Katar gelegenen Doha zwei neue Straßenbahnstrecken eröffnet. Auch auf Mauritus, einem Inselstaat im Südwesten des Indischen Ozeans, nahm eine neue Straßenbahn ihren Betrieb auf. Schließlich bekam auch die französische Stadt Annemasse einen grenzüberschreitenden Anschluss an das Genfer Straßenbahnnetz (sk).
Ein Gastbeitrag von Felix Möller, Vorsitzender Partei der Humanisten Hessen
Als jemand, der in Kassel aufgewachsen ist – also in der Region, wo die Gebrüder Grimm einst die Märchen für ihre weltberühmte Sammlung aufgezeichnet haben -, kenne ich mich etwas mit den fiktiven und unterhaltsamen Geschichten aus. Märchen sind etwas Schönes, um Menschen zum Träumen anzuregen.
Während meines vierjährigen Lebensabschnitts in Wiesbaden habe ich allerlei Märchen zu hören bekommen: Straßenbahnen wären laut, ineffizient, unökologisch, bräuchten zu viel Platz, würden die Steigung nicht schaffen und würden Häuser zum Einstürzen bringen. Oft habe ich geschmunzelt über die Phantasie der Menschen, die solche Dinge erzählen.
Wenn es um politische Entscheidungen geht, ist es jedoch wichtig, Fiktion und Realität unterscheiden zu können. Die Realität der Straßenbahn in Kassel, die seit über 100 Jahren fährt, und die ich als Kind und Jugendlicher alltäglich erlebt habe, ist eine andere als diejenige, die in einem hitzigen Diskurs in Wiesbaden mitunter beschrieben wird.
Als ich noch klein war, fuhren in Kassel noch Wagen mit Holzpaneelen und Treppchen, die man hoch steigen musste, um in den Wagen zu gelangen. Heute fahren moderne, barrierefreie Wagen, in die Kinderwagen, Rollstühle und Fahrräder bequem reingerollt werden können. Eine Fahrt mit der Straßenbahn empfinde ich als bequemer als mit dem Bus, da es weniger schaukelt.
Wenn die Straßenbahn voll ist, findet man eher noch Platz zum Stehen, denn der Gang ist weitgehend ebenerdig und da die Türen nicht wie im Bus nach innen öffnen, kann man auch dort stehen, solange man nicht die Laserschranke berührt. Die Straßenbahn empfinde ich auch als relativ leise. Man hört nur ein gleichmäßiges Rauschen. Sie fährt in der Regel im 4 -10-Minuten-Takt. Wer in letzter Minute rein springt, kann auch noch problemlos in der Bahn am Automaten eine Karte kaufen.
Seit ich zurückdenken kann, erinnere ich mich an keinerlei Beschwerden über die Straßenbahn. Die Straßenbahn war und ist ein praktisches und bequemes Verkehrsmittel, das jeder gerne nutzt. Wenn die Gebrüder Grimm heute noch im Torhaus des Wilhelmshöher Tors wohnen würden, könnten sie am Rathaus in die Linie 5 steigen, ohne Umstieg bis Baunatal fahren und sich dort mit Dorothea Viehmann treffen.
Alle vermeintlichen Problempunkte der in Wiesbaden geplanten Stadtbahn, die ich bisher gehört habe, sind in Kassel längst gelöst. Die Straßenbahn teilt sich über weite Abschnitte die Straße mit den Autos. Auf anderen Abschnitten hat sie ihr eigenes Gleisbett, manchmal auch einfach als Rasenfläche. Das reduziert die Flächenversiegelung, was eine Busspur nicht leisten kann. Sie teilt sich auch die Fuldabrücke mit dem Straßenverkehr. Die Reibungsgeräusche der Straßenbahn sind nichts im Vergleich zu einem hart anfahrenden Verbrennungsmotor oder dem Quietschen von Reifen, was auf den großen Straßen Wiesbadens regelmäßig zu hören ist.
Vor nicht allzu langer Zeit hat man die Möglichkeiten des Straßenbahnsystems in Kassel noch weiter gesteigert und mit der Regiotram eine Straßenbahn entwickelt, die auf Straßenbahnschienen und Eisenbahnschienen fahren kann. Am Hauptbahnhof kommt sie auf Eisenbahnschienen an, taucht dann unter dem Hauptbahnhof durch und fährt ganz einfach auf den Straßenbahnschienen in der Innenstadt weiter. Die Leute aus den umliegenden Dörfern und Kleinstädten können somit, ohne einen PKW bewegen zu müssen, in die Stadt fahren, in der Königsstraße aussteigen und dort einkaufen gehen. Das hat die umliegenden Dörfer zum Teil neu belebt und eröffnet neue Chancen für den Einzelhandel, der es in Zeiten von Amazon und Co. schwer hat.
Ähnlich wie die Regiotram könnte die Straßenbahn in Wiesbaden über die bereits vorhandene Trasse der Aartalbahn eine direkte Schienenverbindung von Bad Schwalbach bis in die Wiesbadener Innenstadt herstellen. Das würde auch die überlasteten Pendlerstrecken über den Taunuskamm entlasten.
Unsere Städte verändern sich. Immer mehr Menschen ziehen in die
Stadt und konzentrieren sich auf begrenztem Raum. Der Individualverkehr stößt
jetzt schon an seine Grenzen, was Staus, Flächenverbrauch sowie Abgas- und
Lärmbelastung angeht. Tendenz steigend. Wir brauchen technisch neue Lösungen,
um dieser Probleme Herr zu werden. Andernfalls werden die Veränderungen uns
beherrschen. Die Straßenbahn ist ein bewährtes Mittel, um große Mengen an
Passagieren umweltfreundlich im städtischen Bereich zu transportieren. Nicht
nur in hessischen Städten ist sie eine Erfolgsgeschichte. Auf der ganzen Welt
entdecken Städte Straßenbahnsysteme als sinnvolle Lösung für zunehmende
Verkehrs- und Klimaprobleme. Studien zeigen immer wieder, dass es die Menschen
in die Nähe von Straßenbahnhaltestellen zieht. Dortige Grundstücke zählen zu
den begehrtesten.
Doch Veränderungen kosten Mut. Oft überwiegt Angst, etwas
Vorhandenes zu verlieren, den Mut, Neues zu wagen. Insofern wünsche ich den
Wiesbadenern für das kommende Jahr Mut zur Veränderung. Ich würde mich sehr
freuen, wenn die Wiesbadener und Mainzer Straßenbahn eines Tages bis in meinen
Wohnort Hochheim fährt.
Es gibt einige Versuchsprojekte, bei denen Straßen ”vom Auto befreit” und in Fußgängerzonen umgewandelt wurden. Beispiele finden sich u.a. in Hamburg, Barcelona oder Madrid. Diesmal bleiben wir aber in Wiesbaden, um uns ein Versuchsprojekt anzusehen: die Wellritzstraße im Westend. Dort wurde heute vor genau 8 Monaten der Abschnitt zwischen Helenenstraße und Hellmundstraße für ein Jahr testweise zur Fußgängerzone ungewandelt.
Der Ortsbeirat (OBR) Westend/Bleichstraße hat bereits am 6. Juli 2016 den Beschluss gefasst, die Wellritzstraße zwischen Schwalbacher Straße und Helenenstraße versuchsweise für ein Jahr zu einer Fußgängerzone zu machen.1Tagesordnungspunkt 4 der öffentlichen Sitzung des Ortsbeirats des Ortsbezirkes Wiesbaden Westend/Bleichstraße am 6. Juli 2016 (Vorlage Nr. 16-O-02-0026, Az.: 02/230512/S): … Continue reading In Zusammenarbeit mit dem OBR wurde dann das Versuchsprojekt auf den heutigen Abschnitt zwischen Helenenstraße und Hellmundstraße festgelegt und am 8. November 2018 von der Stadtverordnetenversammlung angenommen.
Dem eng bebauten inneren Westend bekommt es gut, wenn es nicht so viel mit Autos belastet ist. Eine vom Durchgangsverkehr befreite Wellritzstraße kann für Anwohner und Gewerbetreibende von großem Vorteil sein. […] Die Aufenthaltsqualität der Wellritzstraße könnte auf diese Weise deutlich gesteigert werden.
Begründung des OBR Westend/Bleichstraße für das Versuchsprojekt Fußgängerzone Wellritzstraße 2TOP 4, OBR Westend/Bleichstraße, 6. Juli 2016 (Vorlage Nr. 16-O-02-0026, Az.: 02/230512/S):https://piwi.wiesbaden.de/dokument/2/1993451
Ob dem auch so gekommen ist, ist immer wieder Gegenstand von Interviews und Berichten, z.B. in ”Mensch Westend” oder im ”Merkurist”.
Blau: Aktuelle Fußgängerzone in der Wellritzstraße Grün: Verlängerung der Fußgängerzone während der Eröffnung der Kulturtage Westend
Meinungen
Vor dem Versuch…
Bereits vor dem Versuch waren die Leute einer Fußgängerzone zugeneigt. Sie betonen die potentiellen Vorteile, nämlich dass die Wellritzstraße dadurch belebt werden kann, sodass dann mehr Menschen in die Restaurants und Geschäfte kommen. Es wird aber auch angemerkt, dass die trennende Wirkung der Schwalbacher Straße überwunden werden müsste, um eine Verbindung zur Fußgängerzone am Michelsberg zu schaffen. Nicht zuletzt bestanden auch Sorgen um die Parkplatzsituation, für Anwohnende und Gewerbetreibende.
Für uns als Restaurant wäre eine Fußgängerzone sehr gut. Das würde die Attraktivität steigern.
Selahattin Günay, Günay’s Fisch3Wellritzstraße als Fußgängerzone: Das halten die Geschäftsleute von der Idee: https://www.mensch-westend.de/2017/06/20/wellritzstrasse-als-fussgaengerzone-halten-die-geschaeftsleute-von-der-idee/ … Continue reading
… und jetzt
Die Haltung zur Fußgängerzone hat sich mit dem Start des Projekts in einiger Hinsicht geändert. Der Wunsch nach einer Verlängerung zur Schwalbacher Straße hin ist weiterhin vorhanden. Die Frage der Autos — früher Alltag, mittlerweile als störend empfunden –, die das Durchfahrtsverbot ignorierten, ist aber weiterhin das heiße Eisen. Es gibt Beschwerden von Anwohnenden und Geschäftstreibenden, dass es geschäftsschädigend sei und mitunter gefährlich werde, wenn Autofahrende das Durchfahrtsverbot missachten.
Wie ist der aktuelle Stand?
Nach Beschwerden über die trotz Fußgängerzone durchfahrenden Autos hat der OBR Westend/Bleichstraße beschlossen, dass eine bewegliche Schranke in der Einfahrt zur Fußgängerzone zur Hellmundstraße hin installiert werden soll. Diese wurde Anfang Oktober eingerichtet.4Der gesamte Vorgang zur Schrankenerrichtung in der Wellritzstraße (Antrag 19-O-02-0034):https://piwi.wiesbaden.de/antrag/detail/2315062
Zwischenfazit des Ortsbeirats Westend/Bleichstraße
Am 27. November hat u.a. Verkehrsdezernent Andreas Kowol im OBR Westend/Bleichstraße ein Zwischenfazit zum Pilotprojekt Fußgängerzone Wellritzstraße gezogen, das insgesamt positiv aus. Neben den größtenteils zufriedenen Gastronom*innen wurde auch hervorgehoben, dass die Verkehrsbelastigung in der Wellritzstraße insgesamt zurückgegangen ist — schließlich taugt sie ja nicht mehr als Durchgangsstraße parallel zur Emser Straße. In gesammelten Reaktionen wurde auch wieder die Verbindung zur Innenstadt angesprochen, z.B. während des Oster- oder des Herbstmarkts.
Wie geht es weiter?
Diese Frage teilt sich in mehrere Teile auf: bleibt die jetzige Fußgängerzone so erhalten? Und wenn ja, wird sie erweitert? Zur ersten Frage scheint die Meinung der Gastronom*innen deutlich hin zu einem Ja zur Fußgängerzone zu gehen. Eine Erwartung ist auch denkbar, schließlich wurde das auch schon einmal im Rahmen der Eröffnung der Kulturtage ausprobiert (siehe Karte oben).
Nach der Evaluation der Testphase steht dann die politische Entscheidung von Ortsbeirat und Stadtverordnetenversammlung. Wenn die Fußgängerzone in der Wellritzstraße bleibt, wären dann weitere bauliche Maßnahmen dort denkbar und sinnvoll. Z.B. könnten die Bürgersteige entfernt, feste Sitzmöbel eingebaut oder größere Blumenkübel (wie auf der Wilhelmstraße) aufgestellt werden.
Exkurs: Das passiert gerade anderswo im Westend
Neben der Fußgängerzone in der Wellritzstraße passiert einiges im Westend hin zu einer Neuausrichtung zugunsten des Umweltverbundes. Hier eine kleine Auflistung:
Die Einrichtung der Umweltspur auf dem Bismarckring in beide Richtungen,
die Einrichtung einer Fahrradspur in der Bleichstraße (unter Wegfall von Parkplätzen vor der Wiesbaden Business School),
der Umbau der Kreuzung Bismarckring/Wellritzstraße mit Einrichtungen für den Radverkehr, und
der Bau zahlreicher neuer Fahrradstellplätze bzw. die Neubeantragung solcher durch den OBR.
Tagesordnungspunkt 4 der öffentlichen Sitzung des Ortsbeirats des Ortsbezirkes Wiesbaden Westend/Bleichstraße am 6. Juli 2016 (Vorlage Nr. 16-O-02-0026, Az.: 02/230512/S):https://piwi.wiesbaden.de/dokument/2/1993451
Die Meldung ging quer durch alle Medien: In der chinesischen 4,4-Millionen-Einwohner-Stadt Yibin wurde eine neue, autonom fahrende, gummibereifte Straßenbahn in Betrieb genommen. Der Konsens: Innovatives Konzept, super Ding. Auf den ersten Blick ist der Charme des ART (Autonomous Rail Rapid Transit) gut nachvollziehbar: Modern, flott, schick und mit nur wenigen Pinselstrichen ist die Strecke fertig.
Die uniforme Quellenlage macht ein Nachprüfen der Informationen sehr schwierig. So ist nicht nachvollziehbar, wie die Kapazität berechnet wird. Ebenso wird breit berichtet, dass die “Investitionskosten nach Expertenangaben deutlich niedriger” seien als bei einer handelsüblichen Straßenbahn. Um wie viel niedriger (und welche Experten überhaupt gemeint sind): Fehlanzeige. Auch Angaben rund um das Gewicht des Fahrzeugs sind online nicht zu finden.
Letztlich stammen alle in der Presse kursierenden Informationen also aus derselben Quelle – den “chinesischen Staatsmedien”. Während Herstellerangaben bei Deutschen Fahrzeugherstellern zuweilen schon optimistisch sind, erschwert die Informationslage ein differenziertes Bild des ARTs. Nichtsdestotrotz versuchen wir, ein detaillierteres Bild zu zeichnen und bei einigen Schwerpunkten tiefer einzusteigen: Der Kapazität, dem Platzbedarf, den Fahrspuren und den Haltestellen.
Die Antriebsart sowie der autonome Betrieb wird in diesen Betrachtungen eher vernachlässigt, da diese auch bei Straßenbahnen und Bussen flexibel sind.
ARTs: das wichtigste in Kürze
Der ART (Autonomous Rail Rapid Transit) ist bei genauerer Betrachtung weder eine neue Erfindung noch eine Straßenbahn, sondern ein klassischer Spurbus. Spurbusse existieren seit Jahrzehnten – mit mechanischer, induktiver oder auch (wie im Fall des ART) optischer Spurführung. So verkehren im französischen Rouen bereits seit zwei Jahrzehnten optisch geführte Spurbusse.
Einige Großstädte haben sich von ihren Spurbussystemen bereits wieder verabschiedet – so tauschten Caen und Nancy ihre Spurbusse gegen klassische Straßenbahnen. Auch Mannheim hat seine Spurbusstrecke eingestellt. Insgesamt fristen Spurbusse weltweit bislang ein Nischendasein.
An die Infrastruktur, die Strecken und Haltestellen stellen die ARTs dieselben Anforderungen wie andere, nicht-autonome, hochleistungsfähige Busssysteme (BRTs): Vorrangschaltungen an Kreuzungen, exklusive und abgetrennte Spuren, entsprechend angepasste Haltestellen.
Strecken lassen sich (vorübergehend) mit geringem Aufwand verlegen
Wenn Fahrer an Board, kann auch kurzfristig ausgewichen bzw. umgeleitet werden
Höhere Fahrgastkapazität gegenüber einem Gelenkbus
Autonomer Betrieb verbilligt und flexibilisiert den Einsatz der Fahrzeuge
Nachteile
größerer Platzbedarf in der Breite gegenüber Straßenbahn
Reibung der Reifen führt zu deutlichem Abrieb und geringerer Energieeffizienz
Vielzahl aufwendiger Bauteile (einzeln gelenkte Räder) erzeugen hohe Wartungskosten
keine Erfahrungen für Lebensdauer des Fahrzeuges und der Batterien
Abhängigkeit von nur einem Hersteller, kein Wettbewerb
Für Dauereinsatz im Linienbetrieb ist eine große Anzahl Unterwegsladestationen notwendig
Einsatztauglichkeit im Winter ungeklärt
deutliche Infrastrukturschäden, wenn keine Betonfahrbahn
weitgehend baulich getrennte Fahrspuren verhindern Mitnutzung anderer Fahrzeuge (Umfahren von Unfallstellen, Notfallfahrzeuge) sowie Kreuzen von Fußgängern
Kapazität
Die Presseberichte geben für den dreiteiligen Zug eine Kapazität von 300 Passagieren an, für den fünfteiligen Zug bis zu 500 Passagiere. Da Passagierangaben mit einer gewissen Vorsicht zu genießen sind, lohnt auch hier der kritische Blick ins Detail. Die Berechnungsmethode wird (erwartungsgemäß) nicht offenbart. Wir müssen uns also selbst annähern.
So ist der dreiteilige Zug bei einer Breite von 2,65 Metern insgesamt 31,4 Meter lang – er kommt so auf eine Grundfläche von knapp 84 Quadratmetern. Um auf diesen 84 Quadratmetern 300 Personen zu befördern, müssten (rechnerisch) 3,6 Personen pro Quadratmeter stehen. Der tatsächlich notwendige Wert liegt aber um einiges höher, denn:
An den jeweiligen Spitzen des Zuges sind Führerstände, jeweils ca. 2,50 Meter lang. 1Aus Gesamtlänge extrapoliert anhand Fotos der dreiteiligen Züge. So gehen von der Gesamtfläche knapp 6,5 Quadratmeter pro Führerstand ab.
Der Zug mag auf der Außenseite 2,65 breit sein – Innen ist er es aber nicht. Denn (der tragende!) Rahmen ist auf beiden Seiten zwischen zehn und fünfzehn Zentimeter breit – was auf der gesamten Länge die Stehfläche schon um neun Quadratmeter reduziert.
Das Niederflurfahrzeug benötigt Raum für die Gummiräder. Durch die Radkästen – auf dem Bild deutlich zu erkennen – geht weiterhin Stehfläche verloren. Acht der zwölf Radkästen befinden sich im Fahrgastraum – was die Gesamtfläche um weitere rund acht Quadratmeter reduziert.
Selbst wenn der Zug über keinerlei Sitzplätze verfügen würde und beispielsweise im Türbereich oder den Faltenbälgen der Gelenke keine weiteren Flächen reduziert würden, benötigt der Zug so eine Belegung von 5,5 Personen pro Quadratmeter, um die angegebene Kapazität zu erreichen.
Auf den Innenaufnahmen wird allerdings deutlich, dass sowohl die Sitzbänke als auch die Gelenke die Stehfläche weiter einschränken. 2Als Vergleich: Die Mainzer Straßenbahnzüge des Typs Variobahn verfügen bei einer Gesamtfläche von 69 Quadratmetern im Innern über 28 Quadratmeter Stehfläche. Zur Erinnerung: Zur Berechnung von Passagierkapazitäten von Bussen und Bahnen legt der Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in Deutschland für die Stehplätze vier Personen pro Quadratmeter zugrunde – als Maximalauslastung. Als überfüllt gelten Busse und Bahnen ab einer Auslastung von 65% – also ab zweieinhalb Personen pro Quadratmeter.
Aus oben dargelegten Gründen ist die Kapazität dieser Züge also drastisch überschätzt. Bewertet nach Maßgaben des VDV liegt sie rund ein Drittel darunter.
Platzbedarf und Fahrspuren
Die Züge des ART sind 2,65 breit und sind damit etwas breiter als heimische Linienbusse und so breit, wie viele Straßenbahnen in Deutschland. Die Fahrspuren, auf denen die ARTs fahren, sind laut Hersteller mindestens 3,83 Meter breit. Zwei Fahrspuren für die ARTs kommen so auf eine Breite von mindestens 7,66 Meter. Zum Vergleich: zwei Straßenbahngleise benötigen (bei gleicher Fahrzeugbreite) knappe sechs Meter Breite. Besonders in bestehenden Straßenzügen können 1,60 Meter den Unterschied machen, ob beispielsweise eine Baumreihe erhalten bleiben kann oder ein zusätzlicher Radweg gebaut. Das Geheimnis liegt in der Spurführung: Die ARTs sind zwar über Sensoren spurgeführt – aber können eben nie so genau fahren wie eine mechanische Spurführung bei der Straßenbahn.
Die Fotos und Videos der neu eröffneten ART-Linie in Yibin (und der beiden zuvor eröffneten in Zhuzhou und Yongxiu) erlauben ebenfalls einen Blick auf die dafür notwendige Infrastruktur. Zum Großteil verkehren die ARTs auf exklusiven und baulich getrennten Trassen – was angesichts der Geschwindigkeit und des autonomen Betriebs Standard ist. Auch bei herkömmlichen, städtischen, hochleistungsfähigen Bussystemen sind exklusive und abgetrennte Trassen notwendig. Um innerstädtisch die hohen Geschwindigkeiten und den autonomen Betrieb der ARTs zu ermöglichen, sind die Trassen oft auch baulich abgetrennt und damit von anderen Verkehrsteilnehmern nicht nutz- oder kreuzbar.
Die Spurführung der Busse hat – und das haben die ARTs mit anderen Spurbussystemen gemeinsam – allerdings auch Nachteile. Denn sie sorgt dafür, dass die (relativ schweren) Räder immer auf denselben Stellen der Straße fahren. Die Belastung ist damit besonders stark, die Asphaltdecke schon nach wenigen Jahren beschädigt – mit entsprechenden, negativen Konsequenzen für den Fahrkomfort. Die Lösung hierfür: Betonfahrbahnen, die aber neu gebaut werden müssen und gegenüber Gleisen kaum Kostenvorteile bieten.
Haltestellen und Stadtgestaltung
Analog zu beispielsweise den südamerikanischen Bus Rapid Transit-Systemen (BRTs) sind die Haltestellen des ARTs ebenfalls auf einen schnellen, effizienten Fahrgastwechsel ausgelegt. Wie auch bei autonomen Systemen üblich, trennen Wände mit automatischen Türen den Bahnsteig von der Strecke.
Ein einfaches kreuzen der Straße hin zum Bahnsteig ist damit – im Gegensatz zu Straßenbahnhaltestellen – nicht möglich.
Straßenbahnen in China und die Zukunft des ART
Dass mit Yibin nun die dritte Stadt Chinas über ein ART verfügt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Chinesische Regierung im wesentlichen ebenfalls auf den schienengebundenen ÖPNV setzt: So wurden in den letzten zehn Jahren in knapp 20 Chinesischen Großstädten neue Straßenbahnsysteme mit einer Gesamtstreckenlänge von 350 Kilometern neu eröffnet.
Die ARTs wirken charmant und sind im Vergleich zu einer Straßenbahn in kürzerer Zeit einzurichten. Auf den ersten Blick ist dafür nicht mehr notwendig als ein paar Striche auf der Straße. Kurzfristig können die ARTs daher durchaus höhere Kapazitäten im ÖPNV zu einem niedrigeren Preis bereitstellen – aber nur so lang, bis die (dafür nicht ausgelegte) Asphaltdecke durch ist und durch eine angemessene Betonfahrbahn ersetzt werden muss. Wird diese mit eingepreist, ergeben sich kaum Kostenvorteile im Bau gegenüber einer Straßenbahn.3Eine solche Gegenüberstellung fand im Rahmen der Voruntersuchung zum Straßenbauhnbau in Regensburg statt. Ergebnis zu den Baukosten der Strecke: Straßenbahn 17 Mio EUR/km, BRT: 14 Mio EUR/km.
Die hin und wieder angebrachten Argumentationsversuche, solche (oder ähnliche Systeme wie Doppelgelenkbusse) ließen sich auch ohne eigene Strecken einfach in den Straßenverkehr integrieren, widersprechen jeglicher, verkehrswissenschaftlichen Erkenntnis und den Praxiserfahrungen der Metropolen dieser Welt.
Sinnvolle Einsatzgebiete des ART
Da die chinesischen ART-Fahrzeuge relativ neu sind, liegen keinerlei Langzeiterfahrungen über Lebensdauer, Wartungskosten, Betriebskosten (etc) vor. Sie gehören ehrlich bewertet, insofern darf man gespannt bleiben, was die Praxiseinsätze in den nächsten Jahren an Erfahrungen bringen. Bis dahin sind die technischen Angaben und Werte aber mit Vorsicht zu genießen.
Wie für andere Verkehrsmittel auch wird es auch für den ART eine Nische geben, in der er sinnvoll einsetzbar ist. Die Ränder dieser Nische sind allerdings wegen der unklaren Erfahrungswerte schwer abzustecken.
Gegenüber einer Betonfahrbahn sind die Baukostenvorteile gering; auch die Fahrzeuge selbst nicht spürbar günstiger als Straßenbahnen. Grundsätzlich eignen sich diese Fahrzeuge daher dort, wo in relativ kurzer Zeit ein leistungsfähiges und effizientes Massentransportmittel installiert werden muss – ohne, dass die Langlebigkeit der Infrastruktur (Asphaltdecke) eine Rolle spielt: Beispielsweise, um bei großen Wohn-/Industriegebieten die Zeit zu überbrücken, bis eine leistungsfähige Schienenanbindung geplant und gebaut wurde. Oder, wenn wegen Sanierungsarbeiten eine Bahnstrecke längere Zeit gesperrt wird und ein leistungsfähiger Busersatzverkehr sichergestellt werden soll.
Als Vergleich: Die Mainzer Straßenbahnzüge des Typs Variobahn verfügen bei einer Gesamtfläche von 69 Quadratmetern im Innern über 28 Quadratmeter Stehfläche.
Eine solche Gegenüberstellung fand im Rahmen der Voruntersuchung zum Straßenbauhnbau in Regensburg statt. Ergebnis zu den Baukosten der Strecke: Straßenbahn 17 Mio EUR/km, BRT: 14 Mio EUR/km.
Mit der Stadtbahn aus dem Umland direkt auf den Weihnachtsmarkt. In Baden-Württembergs siebtgrößter Stadt Heilbronn (125.960 Einwohner im Jahr 2018) ist das Alltag. Drei Stadtbahnlinien verbinden den Marktplatz vor dem Rathaus umsteigefrei mit den benachbarten Städten Neckarsulm, Bad Friedrichshall bis nach Sinsheim und Mosbach. Halbstündlich gibt es direkte Stadtbahnzüge nach Karlsruhe – jeder zweite davon lässt als Eilzug Zwischenhalte weg um die Fahrzeit zu reduzieren. Aus Karlsruhe kommt auch die Idee mit Bahnen vom Eisenbahnnetz auf das Straßenbahnnetz zu wechseln, um Fahrgästen zeitraubendes Umsteigen zu ersparen. Als absehbar war, dass Karlsruher Stadtbahnwagen auch Heilbronn erreichen, ergriff die Stadt Heilbronn die Chance damit auch die Verbindung in ihrer Region zu verbessern. Bereits drei Jahre nach dem Anschluss des Heilbronner Hauptbahnhofs an das Karlsruher Stadtbahnnetz konnten die Innenstadtverbindung 2001 eröffnet werden. Mit dem Bau der Straßenbahnstrecke wurde auch der Stadtraum aufgewertet. Die heruntergekommene Bahnhofsstraße erhielt ein neues Aussehen und die Kaiserstraße wurde zu einer Fußgängerzone mit ÖPNV-Spur. Jetzt haben die Stadtbahnzüge, die von außen wie Straßenbahnen aussehen aber auch die Technik für den Eisenbahnbetrieb beinhalten, ihren Halt auf dem Bahnhofsvorplatz und fahren von der Bahnhofstraße direkt in die Innenstadt.
Nach Oberhausen und Saarbrücken ist Heilbronn damit die dritte Stadt in Deutschland, die nach Stillegung der Straßenbahn in den 1950er Jahren, dieses Verkehrsmittel in moderner Form wieder einführte. In jüngerer Zeit nutzten auch die Städte Weil am Rhein sowie Kehl die Chance ihre Städte an bestehende benachbarte Straßenbahnnetze jenseits der Landesgrenze anzuschließen.
An den Adventsamstagen ohne Fahrkarte in die Stadt
Um den Umstieg auf den ÖPNV leichter zu machen, können an den vier Adventsamstagen sämtliche Verkehrsmittel – also Bus, Eisenbahn und Stadtbahn – innerhalb von Stadt und Landkreis Heilbronn sowie des Hohenlohekreises unentgeltlich genutzt werden. Die Kosten für diese Aktion belaufen sich auf 160.000 Euro1https://www.h3nv.de/aktuelles/detail/news/freie-fahrt-an-den-adventssamstagen.html
Potentiale für die Zukunft
Die Stadtbahnstrecke durch Heilbronns Innenstadt hat noch Potential weitere Linien aufzunehmen. So wurde 2018 im Masterplan nachhaltige Mobilität die Reaktivierung der Ende der 1980er Jahre stillgelegten Bahntrasse von Lauffen in die Region Zabergäu empfohlen. So könnte die 16.000 Einwohner zählende Stadt Brackenheim wieder an das Schienennetz angebunden werden. Leider scheiterte dieses seit 2006 diskutierte Vorhaben bisher an der Finanzierung. Eine weitere wichtige Maßnahme, die der Masterplan vorschlägt, ist eine Ampelsteuerung die Busse und Stadtbahnen an Ampeln eine grüne Welle gibt. Auch die Bedingungen für Radfahrer sollen verbessert werden.
Weitere Verlängerung im Süden bis zum Neubaugebiet Cloche d’Or und im Nordwesten bis zum Flughafen sind in Vorbereitung. Im Jahr 2023 soll dann die Strecke mit einer Gesamtlänge von 17 Kilometern fertig sein. Das „Luxtram“ genannte Projekt zeigt gut, wie eine Straßenbahnstrecke bereits vom ersten Bauabschnitt an Nutzen bringen kann.
Schon der erste Abschnitt, am 10. Dezember 2017 eröffnet, verbesserte in Kombination mit dem neue Bahnhaltepunkt Pfaffenthal-Kirchberg und einer doppelten Standseilbahn die Erschließung eines großen Gewerbegebiets am Kirchberg. Neben dem Messegelände Luxexpo haben hier das Europaparlament, die Universität und zahlreiche Unternehmen der Finanzbranche ihren Sitz. Weitere Firmen werden noch folgen. Bis 2030 rechnet die Stadt mit einer Verdoppelung der Pendlerzahlen zum Kirchberg auf insgesamt 60.000.2https://de.wikipedia.org/wiki/Stater_Tram Um in den Stoßzeiten des Berufsverkehrs genügend Kapazität zu haben, waren daher leistungsfähige Verkehrsmittel gefragt.
In 1 Minute 39 Meter hochgefahren
Die vollautomatische Standseilbahn, die den Bahnhalt Pfaffenthal mit der neuen Straßenbahnhaltestelle verbindet, ist daher gleich als Doppelanlage ausgeführt. Sind die Kabinen der einen Anlage unterwegs, kann in der anderen Anlage eingestiegen werden. Die Wartezeit ist auf diese Weise minimal. Zudem ist auch bei Ausfall einer Anlage der Betrieb gewährleistet. Dank geräumiger Kabinen ist die Beförderung von Rollstuhlnutzern, Kinderwagen und Fahrrädern kein Problem. In einer Minute Fahrzeit sind 39 Meter Höhenunterschied überwunden und die Bus- und Straßenbahnhaltestelle am Brückenkopf der Pont Grand-Duchesse Charlotte erreicht. Betreiber der Standseilbahn, die kostenlos genutzt werden kann, ist die luxemburgische Staatsbahn CFL.
Täglich nutzen 23.500 Fahrgäste die Straßenbahn
Der gleichzeitig mit der Standseilbahn eröffnete erste Bauabschnitt der Straßenbahn führt von der Bahnstation zum Messegelände mit Haltstellen an der Philharmonie, dem Europarlament und der Universitätsbibliothek. Ein halbes Jahr später erfolgte bereits die Verlängerung zum Stäreplaz/Etoile und im Dezember 2020 zum Hauptbahnhof. Am Stadtrand sind Park+Ride-Anlagen vorgesehen, die den Umstieg in die Tram für Autofahrer aus dem Umland erleichtern sollen.
Schon bevor die Strecke die innenstadt erreichte, befördert die Straßenbahn bereits täglich durchschnittlich 23.500 Fahrgäste. Insgesamt waren es im ersten Betriebsjahr 4,6 Millionen Fahrgäste 3http://www.lessentiel.lu/de/luxemburg/story/die-tram-ist-zehnmal-um-die-welt-gefahren-21600543 Besonders während der dreiwöchigen Schueberfouer, einem der größten Jahrmärkte Europas, konnte die Straßenbahn ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. In der Zeit des Rummels nahmen 490.000 Menschen die Tram – an jedem der Wochenenden waren dies bis zu 40.000 Fahrgäste 4https://www.lok-report.de/news/europa/item/7020-luxemburg-ausgezeichnete-tram-auslastung-zur-schueberfouer.html Die tatsächlichen Fahrgastzahlen lagen damit weit über den Prognosen. Im ersten Jahr legten die Straßenbahnzüge eine Strecke von 405.000 Kilometer zurück – das entspricht 10 Erdumrundungen. Bei den Fahrgästen kommt die neue Straßenbahn gut an. Laut einer Umfrage würden 83 Prozent der Befragten die Tram ihren Angehörigen empfehlen.
Platz für bis zu 420 Fahrgäste
Mit der alten Straßenbahn, die von 1875 bis 1964 in der Stadt verkehrte hat die neue Luxtram nicht viele Gemeinsamkeiten. Die 45 Meter langen Straßenbahnwagen bieten Raum für bis zu 420 Fahrgäste. Acht Doppeltüren auf jeder Seite ermöglichen einen bequemen stufenlosen Einstieg. Markierungen auf dem Bahnsteig zeigen Rollstuhlfahrern an wo die Tür mit Aufstellfläche zum Stehen kommt. Bei einer Taktfrequenz zwischen drei und sechs Minuten können 10.000 Fahrgäste pro Stunde und Fahrtrichtung befördert werden 5http://www.luxtram.lu/de/kapazitaet/. Dabei sehen die silber-schwarzen Züge mit bunten Glasscheiben an den Türen auch noch zeitlos elegant aus.
Seit März 2020 kostenfreier Nahverkehr
Mit der neuen Straßenbahn rüstet sich Luxemburg für den Fahrgastzuwachs, der mit der Einführung des kostenfreien Nahverkehr im Land Luxemburg einhergeht. Durch Steuern finanziert ist die Fahrt in Zügen (nur in der 2.Klasse), Bussen und Straßenbahnen für jeden kostenlos. Damit hat das Fürstentum eine Weltpremiere hingelegt. Ziel der Maßnahme ist es den ÖPNV-Anteil zu steigern. Auch wenn der Start dieser Maßnahme in die Corona-Pandemie fiel, wird sie in Luxemburg positiv bewertet. Denn auch wenn wegen Corona die Auswirkungen auf die Fahrgastzahlen noch nicht ersichtlich sind, ist der ÖPNV sicher finanziert und braucht keine Coronahilfe. Es bleibt abzuwarten ob nach Corona genügend Autofahrer zum umsteigen bewegt werden können oder ob Fahrgastgewinne des ÖPNV in erster Linie zulasten des Fuß- und Radverkehrs gehen. Interessant wird auch sein, ob die Kapazität des ÖPNV dann für alle Fahrgäste ausreicht.
Auch in Hinblick auf das in vielen deutschen Städten diskutierte 365 Euro-Ticket wird es spannend, welche Erfahrungen der für die Fahrgäste kostenlose Nahverkehr in Luxemburg auch in Zeiten ohne pandemiebedingte Ausnahmen erbringt.
Fast immer wenn das Gespräch auf die Verkehrsprobleme und das Park-Chaos in unseren Städten kommt, findet sich irgendwer der behauptet, dass man doch eigentlich nur genügend Parkplätze bauen müsse, dann würde sich das Problem von alleine erledigen. Leider zeigen die jahrzehnte lang praktizierten Versuche, autogrechte Städte zu schaffen, dass diese scheinbar naheliegende Lösung nicht nur nicht funktioniert, sondern die Probleme mittelfristig sogar verstärkt. Wenn wir unsere Verkehrsprobleme in den Griff bekommen wollen, sollten wir daher nach anderen Konzepten suchen.
Dass der Parkdruck in unserer Stadt seit Jahrzehten wächst, ist eine derart banale Wahrheit, dass sie eigentlich nicht einmal extra erwähnt werden muss. Im Gegensatz zu den stetig steigenden Einwohner- und Kfz-Zulassungszahlen ist der zur Verfügung stehende innerstädtische Raum ja nicht gewachsen.
In dicht besiedelten und historisch gewachsenen Vierteln fehlt in der Regel schlicht der Platz, um ständig weiteren Parkraum zu schaffen. Hier mal eine Tiefgarage, dort ein Parkdeck zusätzlich zu den heiß umkämpften Raum auf der Straße. Viel mehr als punktelle Lösungen sind meistens nicht drin, wenn man dafür nicht gleich ganze Wohnblocks einreißen will. Die Erkenntnis, dass die Pkw-Anzahl schon lange das für unsere Städte tolerierbare Maß überschritten hat, ist in der Verkehrswissenschaft mittlerweile ein Gemeinplatz.
Aus diesem Grund laufen die Lösungen für die Parkplatzprobleme in den meisten Städten dieser Republik (und des Planeten) in der Regel in dieselbe Richtung: Die Gesamtzahl an zu parkenden Autos muss runter. Attraktive Alternativen müssen her: Rad und ÖPNV gehören gestärkt, Fahrgemeinschaften gefördert, CarSharing benötigt Platz. Nur selten genutzte Autos gehören ganz runter von öffentlichem Raum. Dann ist für die Kurzzeitparker, für Mobilitätseingeschränkte, Lieferanten und Co – kurz: für alle, die tatsächlich auf ihr Auto angewiesen sind – auch genug Platz.
Aber leider werden in der politischen Diskussion auch heute immer wieder „Lösungen“ von vorgestern hervor geholt. So forderte z.B. die BI Mitbestimmung im Nachgang zur Talk im Foyer-Veranstaltung „Wem gehört die Straße?“ folgendes:
Es sollten daher deutlich mehr Quartiersgaragen entstehen und die Stellplatzsatzung, völlig konträr zu den Grünen-Plänen, verschärft anstatt gelockert werden !! (zB 2 PP pro Wohneinheit plus Besucherparkplätze)
Bislang ist bei neuen Wohnungen ein Autoparkplatz vorgeschrieben, in den Randbezirken pro Wohnung 1,5 Parkplätze. Mit der Forderung nach „2 plus x“ Parkplätzen pro Wohneinheit verdoppelt die BI Mitbestimmung also den geforderten Parkraum für Wohngebiete.
Was auf den ersten Blick charmant klingt, offenbart bei näherer Betrachtung ein veraltetes, menschenfeindliches und ungerechtes Zielbild vom Leben in der Stadt. Das wird an zwei Punkten deutlich: Dem enormen Platzverbrauch dieser Idee. Und den dadurch entstehenden Kosten.
Platz ist für Menschen da
In einer Wiesbadener Wohnung wohnen durchschnittlich ziemlich genau zwei Menschen.1Siehe Wiesbadener Stadtteilprofile. Für einen Stadtteil wie dem Rheingauviertel, in dem heute knapp 8.100 Autos auf 21.100 Einwohner gemeldet sind, hieße die Forderung nicht weniger als eine Verdoppelung bis Verdreifachung (!) der Autozahlen und damit der Parkflächen.
Insgesamt ergäbe sich ein absonderlich hoher Platzbedarf von 67 Hektar für das Rheingauviertel.2Für einen Parkplatz in einem ‚gut geplanten‘ Parkhaus sind nach branchen-eigenen Angaben im Schnitt 27m² notwendig. Zum Vergleich: Das gesamte Rheingauviertel ist 250 Hektar groß. Da hilft es auch nicht, die Parkplätze – gemäß Forderung der BI Mitbestimmung – in Quartiersgaragen anzulegen, also auf mehreren Ebenen zu stapeln. Um die geforderte Parkfläche bereitzustellen, wäre ein Parkhaus mit der Fläche des gesamten Elsässer Platzes 68 (!) Etagen hoch.
In den anderen Stadtteilen sieht es nicht besser aus: Wiesbaden Mitte bräuchte 74,6 Hektar Parkhäuser (≙ 19 Reisingeranlagen), Nordost 76,6 Hektar (≙ 13 Alte Friedhöfe), Südost immerhin 65 Hektar – das entspricht einem 44-geschossigen Parkhaus in Größe der Brita-Arena. Wenn der gesamte Schlosspark zum Parkhaus würde, benötigt Biebrich dort vier Etagen auf der gesamten Fläche (inklusive dem Spielplatz am Parkfeld). Für das Westend wären Parkflächen nötig, die fast so groß sind wie das Westend selbst.
Mit einer konsequenten Umsetzung der Idee, pro Wohnung „2+x“ Parkplätze bereit zu halten, würde die Landeshauptstadt Wiesbaden über mehr Parkplätze als Einwohner verfügen.
Fernab jeder Kostenrealität
Doch die Forderung ist nicht nur wegen dem enormen Platzbedarf absurd. Denn der Bau von Stellplätzen in Parkhäusern und Quartiersgaragen kostet viel Geld: Im Schnitt rund 22.000 Euro pro Stellplatz.
Abhängig davon, ob das Parkhaus als simpler Stahlskelettbau auf der grünen Wiese ist oder nachträglich in bestehende Strukturen hineingebaut, schwanken die Kosten zwischen 10.000 Euro und 45.000 Euro pro Stellplatz. Die Vorstudie zu einer Quartiersgarage am Elsässer Platz bezifferte die Kosten auf 5,1 Millionen Euro (Parkdeck) bzw. 10,3 Millionen Euro (Tiefgarage). Dafür gäbe es 385 Stellplätze – nach den Forderungen der BI Mitbestimmung ausreichend für nichteinmal die zwei direkt an den Elsässer Platz anschließenden Häuserblocks.
Um die geforderten Parkplätze in Quartiersgaragen zu errichten, wären bei durchschnittlichen Baukosten allein für das Westend knapp 430 Millionen Euro notwendig.
Doch wer trägt diese Kosten? Besonders in den dicht besiedelten Vierteln sind die Möglichkeiten für die Bauherren, bei Nachverdichtungen oder Aufstocken zusätzlichen Parkraum zu errichten, sehr nahe bei Null. Folglich wird der Großteil die Möglichkeit in Anspruch nehmen, sich gegen Zahlung einer Ablöse von der Parkplatzpflicht zu befreien. Von diesem gesammelten Geld (Garagenfonds) kann die Stadt dann beispielsweise Parkplätze oder Quartiersgaragen errichten.
Je nach Grundstückswert schwankt der Ablösebetrag. Im Blücherviertel (Westend) liegt er bei 14.250 EUR pro Parkplatz, in der Adolf-Todt-Straße bei 9.000 EUR. Beide Werte liegen deutlich unterhalb der durchschnittlichen Baukosten – die Differenz wären städtische Subventionen, also Steuergelder. Daran ändert auch eine Vermietung der Parkplätze nichts – denn monatlich sind allein zwischen 60 und 80 Euro Miete pro Stellplatz notwendig, um die laufenden Kosten eines Parkhauses zu decken.
Schon vor Jahrzehnten veraltet
Selbstverständlich werden nicht 100% aller Parkplätze in Parkhäusern realisiert. Es werden weiter Autos auf normalen Parkflächen und am Straßenrand stehen. Dennoch offenbart die Forderung nach „2+x“ Parkplätzen eine seit langer Zeit als antiquiert geltende Idee der zukunftsgerechten Stadt.
Wer Parkplätze baut, entlastet nicht den bestehenden Parkdruck – sondern motiviert zusätzliche Verkehrsteilnehmer zum Autofahren. Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten.
Adding car lanes to deal with traffic congestion is like loosening your belt to cure obesity.
Lewis Mumford, 1955.
Und selbst wenn die Forderung nur bei Neubauten, Nachverdichtungen und Auftstockungen greifen, sind sie durch die ohnehin knappen innerstädtischen Flächen nur durch massive Einschnitte zuungunsten anderer Verkehrsteilnehmer realisierbar. Auch die Idee, sich dies auch noch von den betroffenen und benachteiligten Mitbürgern quersubventionieren zu lassen, spricht nicht für eine zukunftsgerichtete und ausgeglichene Denkweise.
Haus&Grund: Lockert die Stellplatzsatzung
Nichteinmal die Wiesbadener Eigentümervereinigung Haus und Grund e.V., die sonst keine Gelegenheit verpasst, sich mit der BI Mitbestimmung zu verbrüdern, findet diese Idee gut.
So forderte sie vor wenigen Tagen erst das komplette Gegenteil: Keine zusätzlichen Parkplätze bei Aufstockungen, keine fällige Ablöse. 3“Mehr Wohnungen für Wiesbaden“. FAZ, 30.11.2019 Damit könnten laut Verband in Wiesbaden zwischen 2.000 und 5.000 Wohnungen neu entstehen – vor allem in dicht besiedelten Vierteln.
Vorsitzender Wilfried Woidich fordert hier also den Bau tausender neuer Innenstadtwohnungen ohne neuen Parkraum. Aus Bauherrensicht ist die Forderung verständlich: Der Bau von Wohnungen würde damit einfacher und billiger.
Dass er sich damit indirekt auch für autoärmere Wohnviertel und Innenstädte ausspricht, ist ihm hoffentlich bewusst. Funktionieren kann das eigentlich nur per gestärktem ÖPNV, mehr Radverkehr und CarSharing. Gleichzeitig lässt er kein Quartal vergehen, ohne sich über die Mitgliederzeitschrift gegen die CityBahn zu positionieren – ein Widerspruch, welchen er hoffentlich noch auflöst.
Exkurs: Wiesbadener Stellplatzsatzung
Die Wiesbadener Stellplatzsatzung schreibt vor, wieviele Auto- und Radabstellplätze ein Wiesbadener Neubau mitbringen muss. Je nach Gebäudetyp – Einfamilienhaus, Mehrfamilienhaus, Schwimmbad, Seniorenheim oder Stadion, Geschäft oder Minigolfplatz, Kirche, Kegelbahn, Bordell oder Schießstand: im Detail ist angegeben, wer wofür wieviele Parkplätze mit einplanen muss.
Parkplätze sind knapp – daher erscheint es sinnvoll, dass neue Gebäude und Einrichtungen (die meistens errichtet werden, damit dort Leute hingehen), Abstellflächen für Autos und Fahrräder bereitstellen. Zusammengefasst müssen neue Mehrfamilienhäuser je nach Stadtteil zwischen 1 und 1,5 Autoparkplätze pro Wohnung mitbringen. Bei beispielsweise Senioren- oder Studentenwohnheimen ist es weniger.
Können Neubauprojekte diese Parkflächen nicht schaffen, kommt die Ablöse ins Spiel. Mit einem Geldbetrag können sich die Bauträger von der Parkplatz-Bau-Pflicht freikaufen. Je nach Grundstückswert liegt der Preis dafür zwischen 3.000 EUR und 30.000 EUR. Von dem davon eingenommenen Geld, dem Garagenfonds, finanziert die Stadt dann beispielsweise den Bau von Parkplätzen oder -decks.