Fakt oder Fiktion? Der Rathenauplatz.

Seit kurzem kursiert im Umfeld des Rathenauplatzes ein Flyer zur CityBahn, der es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt und der – fast schon gewohntermaßen – Horrorszenarien heraufbeschwört. Herausgeber ist laut angegebenem Impressum ein Anwohner des Rathenauplatzes.

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels wurde die im Plan mit GUW vermerkte Konstruktion irrtümlicherweise der Gas- und Wasserversorgung zugeschrieben. Tatsächlich gemeint ist damit aber das am Rathenauplatz geplante Gleichrichterunterwerk – also eine Vorrichtung zur Stromversorgung der Tram. Im Sinne der Transparenz bleibt die darauf aufbauende Argumentation im Artikel bestehen, wird aber durchgestrichen.

Unabhängig von einigen unbelegten und unseres Wissens nach falschen Aussagen (wie die Umlage von Kostensteigerungen auf Anlieger) und der moralisch fragwürdigen Aufforderung, Befürworter mögen bitte der Wahlurne fern bleiben, krankt der Flyer (wie auch der offene Brief an den OBR Biebrich, der diesem Flyer voraus ging1Im deutlich umfangreicheren, offenen Brief finden sich weitere, falsche Aussagen. Beispielsweise, dass das Betreten und Überqueren des besonderen Bahnkörpers verboten sei und straßenbündige … Continue reading) an seinem zentralen Argument: Der veralteten Planungsunterlage, auf der er aufbaut.

Das ist auch eine Folge der nicht immer glücklichen Kommunikation rund um das Projekt. Die Planungsunterlagen vom Frühjahr 2019, auf die sich der Autor bezieht, sind seit dem Umbau der CityBahn-Homepage im Frühjahr 2020 nicht mehr online zu finden (weshalb wir sie auf unserer Homepage wieder online stellten). Neuere Pläne sind aktuell nicht online einsehbar.

Nichtsdestotrotz: Das Kernargument ist falsch und mit ihm bröckeln viele der im Flyer und im offenen Brief angebrachten Schlussfolgerungen. Denn: Die Haltestelle am Rathenauplatz wird nicht dreigleisig. Die dreigleisige Haltestelle entstammt früheren Planungsperioden. Ein Blick auf neuere Pläne belegt das – die neuesten Vorlagen vom Stadtplanungsamt zum Rathenauplatz entkräften auch die letzten Aussagen des Flyers.

Die Pläne des Rathenauplatzes

Rathenauplatz aus den Planungsunterlagensatz Frühjahr 2019.

Der linksstehende Plan entstammt den im Frühjahr 2019 veröffentlichen Planungsunterlagen. Der konkrete Plan selbst – ein Blick ins Original zeigts – stammt aus dem April 2018.

Der Plan des Rathenauplatzes aus dem Frühjahr 2020. 2Die Pläne aus dem Frühjahr 2020 sind aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen nicht online einsehbar. Der Rathenauplatz bekommt keine dreigleisige Haltestelle mehr.

Der in grau eingezeichnete, unterirdische Gas- und Wasserschieber, an dessen Verlegung viele Schlussfolgerungen des Flyers anknüpfen, liegt durch den Entfall des dritten Gleises nicht mehr unter der Bahn. Die im Flyer vorgeworfenen „offensichtlichen Planungsfehler“, deren „Kostensteigerungen die auf die Anlieger umgelegt“ werden, sind damit hinfällig.

Der Rathenauplatz gemäß den neuesten Plänen des Stadtplanungsamtes.

Die Argumente im Detail


(© Stadtplanungsamt Wiesbaden und beauftragte Planungsbüros: StadtBahnGestaltung, GRUPPE PLANWERK, VerkehrsConsult Dresden-Berlin GmbH, tagebau architekten + designer)

Die neuesten Unterlagen des Stadtplanungsamtes für den Rathenauplatz zeichnen ein deutlich überarbeitetes Bild.

Fakt oder Fiktion?
Zu den Behauptungen des Flyers.

  • Alle Parkplätze werden wegfallen.
    Fiktion: In den mittlerweile zweieinhalb Jahre alten Plänen sind tatsächlich keine Parkplätze markiert gewesen. Die neuen Pläne zeigen aber: Es sind weiter Parkplätze geplant – wie die 18 Stück auf der östlichen Seite des Platzes (siehe Stadtplanungsamt).
  • offensichtliche Planungsfehler erhöhen die Baukosten
    Fiktion: Die „offensichtlichen Planungsfehler„, auf die sich der Flyer bezieht – die Nicht-Berücksichtigung der unteririschen Gas- und Wasserschieber – sind mit dem nicht mehr geplanten, dritten Gleis haltlos.
  • Fast alle Bäume werden gefällt„.
    Fakt: Auch in den neueren Plänen sind knapp die Hälfte der heute auf dem Rathenauplatz stehenden Bäume betroffen.
  • Ersatzpflanzungen hunderte Meter entfernt„.
    Fiktion: Die Ersatzpflanzungen sollen können auf dem Rathenauplatz stattfinden. Der Plan des Stadtplanungsamtes schlägt dazu 19 (!) Ersatzpflanzungen direkt auf dem Rathenauplatz vor.
  • Kostensteigerungen drohen auf Anlieger umgelegt zu werden
    Fiktion: Etwaige Kostensteigerungen werden auf alle Geldgeber gleichermaßen umgelegt: 10% die Stadt Wiesbaden, 90% Bund und Land. Im Gegenteil – die Anlieger dürfte das sogar freuen. Denn die Kanalsanierungen, die im Rahmen des CityBahn-Baus durchgeführt werden, werden ebenfalls zu 90% aus Bundes- und Landesmitteln gefördert. Ohne CityBahn müsste der Netzbetreiber – die ELW – diese Sanierung allein stemmen und dadurch deutlich mehr Kosten auf die Wiesbadener umlegen.

Quellen

Quellen
1 Im deutlich umfangreicheren, offenen Brief finden sich weitere, falsche Aussagen. Beispielsweise, dass das Betreten und Überqueren des besonderen Bahnkörpers verboten sei und straßenbündige Abschnitte der Tram nicht gefördert würden.
2 Die Pläne aus dem Frühjahr 2020 sind aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen nicht online einsehbar.

Unsere Nachbarn kommen zu Wort!

In den Wiesbadener Diskussionen um die CityBahn geht leider etwas unter, dass das CityBahn-Projekt ein Gemeinschaftsprojekt der Städte Mainz, Taunusstein, Bad Schwalbach und Wiesbaden ist. Daher wollen wir unsere Städte heute, am Tag der Nachbarn, zu Wort kommen lassen.

Wir haben daher in den letzten Wochen die Bürgermeister der Städte Taunusstein und Bad Schwalbach, Sandro Zehner und Markus Oberndörfer, sowie den Oberbürgermeister der Stadt Mainz, Michael Ebling, um Statements zur CityBahn gebeten. Und alle drei haben schnell geantwortet. Dafür möchten wir hier allen dreien rechtherzlich nochmal danken.

Wir zeigen sie euch hier so, wie die Strecke gebaut werden würden, also von Mainz über Taunusstein nach Bad Schwalbach.

Mainz

Taunusstein

Bad Schwalbach

Herr Bürgermeister Oberndörfer hat uns nicht nur dieses Statement gegeben, sondern ein noch viel längeres. Das möchten wir euch natürlich nicht vorenthalten:

Liebe Wiesbadenerinnen und Wiesbadener,

gute Nachbarn sind füreinander da. Unter diesen Grundsatz möchte ich mein Engagement für den Bau der CityBahn stellen. Wenn die Bürger und Bürgerinnen von Wiesbaden und Bad Schwalbach füreinander da sein wollen, dann sollten sie gemeinsam für die Vorteile dieses großen Projektes eintreten. Rund 19 000 Beschäftigte pendeln täglich aus unserem Gebiet nach Wiesbaden, und rund 4000 aus Wiesbaden zu uns. All diesen Menschen kann die CityBahn eine saubere und schnelle Alternative zu Bus und Auto bieten. Und in Zukunft werden es noch mehr sein. Denn wenn in Wiesbaden Mieten und Immobilien immer teurer werden, dann können wir in Bad Schwalbach gerade jungen Familien und Start-ups vernünftige Preise bieten. Solche Neubürger sind uns willkommen, können uns in Bad Schwalbach stärken, ohne ihre Bindungen und ihre Nähe zu Wiesbaden mit seiner Geschäfts- und Kulturwelt zu verlieren. Die CityBahn kann deshalb dazu beitragen, dass Bad Schwalbach wächst, dass sich Wirtschaft und Infrastruktur positiv entwickeln und die Stadt damit umso attraktiver auch für Wiesbadener und Wiesbadenerinnen wird: eine reizvolle Ergänzung zur Landeshauptstadt als naher Wohnort im Grünen mit Ruhe und guter Luft. Und ein schnell und bequem zu erreichendes Naherholungsgebiet mit seinen Wegen für Spaziergänger und Wanderer durch den Taunus.  In dieses Projekt haben wir bereits aus voller Überzeugung investiert und damit einen Beitrag auch für Wiesbadens Entwicklung geleistet. Denn wir wollen gute Nachbarn sein, in der Region und für Wiesbaden.

Auf gute Nachbarschaft also,
Ihr Markus Oberndörfer

Bürgermeister
Bad Schwalbach

Und Wiesbaden?

Bekanntermaßen warten wir auf den Bürgerentscheid hier in Wiesbaden – und mit uns eben auch unsere Nachbarn. Unser Standpunkt zur CityBahn ist klar. Die Stimmen weiterer Fürsprechenden aus Wiesbaden haben wir bereits gesammelt, ihr findet sie hier:

Zwei Jahre BI Pro CityBahn

Heute vor zwei Jahren wurde der Verein „Bürger Pro CityBahn e.V.“ gegründet. Wir wollen daher einen kleinen Blick zurück auf ein paar Highlights aus vielen werfen. Und im Anschluss gibt es auch noch einen kleinen Teaser 🙂

Bus-Flashmob

Am 30. September 2018 haben wir eine größere Aktion gestartet.

Bei dem Bus-Flashmob hatten die Leute Spaß. Im Normalfall ist es aber weniger spaßig, so eng beieinander zu stehen. Zu Stoßzeiten (vor Corona) war das aber eher Regel denn Ausnahme. (C) Bürgerinitiative Pro Citybahn

Das Ziel war, 145 Menschen in diesen Gelenkbus hineinzubekommen – das war die Herstellerangabe für die Kapazität dieses Busses und das von einigen Parteien und Initiativen behauptete Fassungsvermögen. Selbst bei Quetschen haben „nur“ 128 Personen hineingepasst – eine sichere Fahrt wäre dabei auch aus rechtlicher Sicht aber nicht möglich gewesen, weil der Sicherheitsbereich vorne im Bus nicht freigehalten wurden.

Für die „Fahrgäste“ beim Flashmob war die Grenze für eine angenehme Busfahrt bei etwa 80 Menschen. Bei etwa 100 Menschen war es auch mit dem letzten Funken Komfort dahin. Wir haben damit gezeigt, dass Kapazitätsberechnungen, die auf den Kapazitätsangaben der Bushersteller basieren, schlicht falsch sind. Außerdem war damit klar, dass wir mehr Kapazitäten im Wiesbadener ÖPNV brauchen, um diesen komfortabler und attraktiver zu machen.

Unsere Infoveranstaltungen

Letztes Jahr haben wir zwei Informationsveranstaltungen für euch organisiert.

  • CityBahn & Aartalbahn: Konkurrenz, Koexistenz oder Synergien?
  • CityBahn & Bäume: Auswirkungen und Chancen

Das waren zwei Themen, die viele Menschen interessiert hat, die rund um das Thema Citybahn mitdiskutiert haben. Die beiden Angebote wurden dementsprechend auch gut angenommen. Auf der Bühne standen Fachleute und Experten – von der CityBahn GmbH, von der Aartalbahn und vom Wiesbadener Grünflächenamt.

Politisch aktiv

Neben unserer Informationsarbeit führen wir auch Gespräche mit den politischen Verantwortlichen, um das Citybahn-Projekt an den Punkten zu verbessern, bei denen wir Verbesserungsbedarf sehen. Eine wichtige Verbesserung, die wir mit angestoßen haben, war z.B. die Einrichtung eines Baustellen- und Entschädigungsmanagements.

Beim Baustellenmanagement geht es darum, die Einschränkungen, die durch die Baustellen bedingt sind, zeitlich wie räumlich möglichst klein zu halten. Das Entschädigungsmanagement hat zum Ziel, dass Gewerbetreibende, die während der Baumaßnahmen Umsatzeinbußen haben, finanziell unterstützt werden.

Der Antrag „Baustellen- und Entschädigungsmanagement“ wurde am 04. Februar dieses Jahres im Verkehrsausschuss angenommen. (Hier geht’s zum Politischen Informationssystem PiWi.)

Ein paar Impressionen

Ein Blick in die Zukunft …

Wir hatten ursprünglich einiges vor für 2020. Doch das Coronavirus hat vermutlich die Pläne von allen Menschen ziemlich zunichte gemacht. „Abstand halten“ ist die Devise und das machen natürlich auch wir.

Das ändert aber natürlich nichts daran, dass wir uns weiter für die Citybahn in Wiesbaden einsetzen – nur eben in anderer Form. Die Themen, die wir ursprünglich behandeln wollten, sind jetzt mindestens genauso wichtig wie vorher: Barrierefreiheit im ÖPNV und das aktuell aufgrund der Coronakrise heiß diskutierte Thema Einzelhandel und Citybahn.

Aber auch das „klassische Informieren“ geht weiter. Die Anwohnenden in und um die Biebricher Allee hatten z.B. vor ein paar Wochen bereits unseren Flyer im Briefkasten, samt einer eigenen Beilage speziell für sie. (Hier geht’s zu unserem Flyer, und hier zu unserer Seite speziell für die Biebricher Allee.) Und weitere Bereiche werden folgen.

… und der kleine Teaser

Aber auch auf anderen Wegen werdet ihr von uns hören und lesen – analog und/oder digital. Lasst euch also einfach überraschen. Und als kleiner Teaser: wir werden demnächst auf jeden Fall eure Hilfe brauchen. Ladet schon mal eure Kamera- oder Handyakkus 🙂

Was das Alter einer Technologie aussagt

Straßenbahnen wird gern vorgeworfen, sie seien eine veraltete Technologie. Erfunden vor über einhundert Jahren und untauglich für heutige oder künftige Probleme. Als ließe sich an dem Datum, an dem eine Technologie das Licht der Welt erblickte, ablesen, was diese taugt. Als hätten Erfindungen ein Haltbarkeitsdatum, eine Ablaufzeit und wären nach ein paar Jahr(zehnt)en nicht mehr zu gebrauchen. Die subtile Unterstellung: Eine Technik, die schon derartig alt ist, ist außerstande, heutige und künftige Probleme zu lösen. Sie sei – verglichen mit moderneren Erfindungen – die eindeutig schlechtere Wahl, weil “neuer” eben “besser” sei. 

Dabei werden zwei Dinge übersehen: Ob eine Technologie ‘taugt’ oder nicht, hängt nicht von ihrem Alter ab, sondern von ihrer Fähigkeit, Probleme zu lösen. Und zum Anderen entwickeln sich Technologien nach deren Erfindung durchaus weiter – die einen mehr, die anderen weniger.

Evolutionäre Züge

Technologien kommen und Technologien gehen. Einige verschwinden schon nach kurzer Zeit; andere bleiben Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte erhalten. Wieder andere schaffen es nie über ein Konzept hinaus. Ihr Dasein endet in der Regel erst, wenn wahlweise das zu lösende Problem verschwindet oder aber eine bessere Lösung naheliegt. 

Die Eiserne Lunge beispielsweise verschwand trotz enormer Wirksamkeit und tausender, geretteter Leben nach nur wenigen Jahrzehnten wieder. Erfunden in den 1920ern und gebaut bis in die 1960er, wurden sie mit der Erfindung des Polio-Impfstoffes überflüssig. Eine quasi ausgerottete Krankheit bedarf so einer Erfindung nicht mehr.

Die meisten Technologien und Erfindungen werden allerdings irgendwann durch bessere Alternativen verdrängt. Die Diskette wurde durch die CD ersetzt, die CD dann durch USB-Sticks und die DVD. Die Dampfmaschine wich den Verbrennungsmotoren, das kohlebetriebene Bügeleisen dem elektrischen, das Gummirad ersetzte seine hölzernen und eisernen Vorgänger. 

Alter allein sagt nichts aus

Das Kommen und Gehen von Technologien zeigt evolutionäre Züge. Was besser in die jeweilige Problem-Nische passt, setzt sich durch. Was eine Aufgabe besser löst, bleibt. Der Rest schafft es bestenfalls ins Museum. Ein technologisches Survival of the Fittest. Immer wieder zu stellende Kernfrage: Wie fit ist eine Technologie, wie gut löst sie ein Problem?

Das bloße Alter ist dafür vollkommen unerheblich. Die erste, elektrische Straßenbahn dieser Welt fuhr 1881 in Lichterfelde bei Berlin. Es gibt deutlich ältere Technologien, die uns bis heute begleiten. Niemand käme auf die Idee, Fahrräder (erfunden 1817), Kühlschränke (1859) oder hierzulande ganz besonders beliebt: den Ottomotor (1. Modell 1862) als veraltete Technologie zu bezeichnen und sie deshalb pauschal abzulehnen. 

Setzte sich nie durch: Das Einrad-Motorrad. (Bild: Eénwielige motorfiets / One wheel motor cycle flickr photo by Nationaal Archief shared with no copyright restriction (Flickr Commons) )

Gerade im Transportsektor gibt eine ganze Reihe von Technologien, die neueren Datums als Straßenbahnen sind und sich wahlweise nicht durchsetzten oder bis heute nur ein Nischendasein fristen. Nuklear angetriebene Autos und Lokomotiven (1950) blieben meist nur Skizzen – glücklicherweise. Das Hovercraft überquerte 1959 erstmals den Ärmelkanal – nach einer Blütezeit im Fährdienst der britischen Inseln ist es heute eher Spezialtechnik. Zeppeline, erfunden 1895, gibt es heute nur noch als Werbeträger oder zu Forschungszwecken. Zivile Überschallflugzeuge flogen nur knapp vier Jahrzehnte, seit Anfang der 2000er ist keines mehr in Betrieb. Doppelstockgelenkbusse wurden weltweit überhaupt nur 13 Stück gebaut – und nur einer davon verkehrt noch als Bus. Auch vom Transrapid, anwendungsreif seit 1991, existiert bis heute nur eine Strecke mit regulärem Verkehr. Kein weiterer Ausbau geplant.

Schaffte den Durchbruch nicht: Der Transrapid. Die auf den realisierten und projektierten Strecken erreichbaren Reisezeitgewinne konnten die Mehrkosten gegenüber einer klassischen Eisenbahn nicht rechtfertigen.
(Bild: Állatka, Transrapid-emsland, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons)

Wie schnell das Alter-Argument in sich zusammenfällt, wird offenbar, wenn dann Alternativen genannt werden. Eine Straßenbahn sei zu alt und andere Technologien seien die Lösung – wie beispielsweise das Auto (erfunden 1886), angetrieben mit Elektromotor (1821) und Batterie (1799). Oder Busse (1895) mit Dieselmotoren (1896) oder Brennstoffzellen (1838). 

Aber zurück zu den Kernfragen, an denen sich jede Technologie messen lassen muss muss.

1. Existiert das Problem auch in Zukunft?

Weltweit wachsen die Städte, so auch das RheinMain-Gebiet, inklusive Mainz und Wiesbaden. Wiesbaden und Taunusstein denken über ganz neue Stadtviertel nach, Kastel und Biebrich werden fleißig nachverdichtet. Immer mehr Menschen in den Städten erzeugen immer mehr Nachfrage nach Mobilität. Zwar gibt es mit Heimarbeit, Onlineshopping und E-Learning durchaus Entwicklungen, die Menschen von Bewegungen abhalten könnten. Unterm Strich aber wird die Anzahl der Fahrgäste in Wiesbaden genauso wachsen wie seine Einwohnerzahl. Und das bei gleichbleibendem Platz, Städte sind nicht beliebig dehnbar.

Weder Quell- noch Zielorte der Pendler werden sich grundlegend ändern. Auch in Zukunft werden die Stadtteile dort liegen, wo sie heute liegen. Die Hotspots wie Hochschulen, große Arbeitgeber, die Innenstadt, der Hauptbahnhof, Veranstaltungsorte und Nachbargemeinden wechseln eher selten den Standort. Auch die Hauptverkehrsachsen und Flaschenhälse wie Autobahnen, Brücken und Bahnlinien werden dort bleiben, wo sie sind.

Auch kleinere, womöglich autonom fahrende Einheiten versprechen da keine Abhilfe. Sie sind eine wertvolle Ergänzung in der Feinverteilung, als Zubringer, in ländlichen Regionen oder in der Nacht. Auf den Hauptverkehrsachsen und in den Stoßzeiten machen sie aber keinen Sinn. Es ist kontraproduktiv, wenn etwa auf der Heuss-Brücke statt einem vollen Gelenkbus 15 bis 20 autonome Kleinbusse fahren. Autonome Autos mögen Parkplatzprobleme entschärfen, führen aber zu mehr fließendem Verkehr. Ridesharing, egal ob mit oder ohne Fahrer, führt zu einer Kannibalisierung des platzeffizienten, öffentlichen Nahverkehrs und damit zu einem höheren Flächenverbrauch in den Städten. Ein höherer Flächenverbrauch, der auch durch eine zeitliche Entzerrung nicht kompensiert wird.

Es bleibt auch in Zukunft der Bedarf an Massenverkehrsmitteln – als Rückgrat eines intelligent verknüpften, multimodalen Angebots.

2. Löst die Technologie ‚Straßenbahn‚ das Problem?

Sind Straßenbahnen funktionierende Massentransportmittel? Ja – das ist sowohl einhellige Meinung der Verkehrswissenschaft als auch in über einhundert Städten live zu beobachten.

3. Welche Alternativen existieren?

Die Erfinder dieser Welt entwickelten eine ganze Reihe Alternativen zu Straßenbahn, die das Problem Transport vieler Menschen mit ähnlicher Erschließungsfunktion und Leistungsfähigkeit lösen. Welche das sind, beleuchten wir in einem separaten Artikel im Detail.

4. Ist die Straßenbahn die bessere Wahl?

Auf diese Frage gibt es keine pauschale, immer und überall richtige Antwort. Die Straßenbahn kann – unter Einbeziehung der Rahmenbedingungen, der Ziele und der Ressourcen die bessere Wahl sein. Aber das ist sie nicht automatisch.

Die Antwort kann deshalb am Ende einer detaillierten Untersuchung stehen, die sich standardisierter Methoden bedient und die zur Auswahl stehenden Alternativen vergleicht.

Zurück zur Straßenbahn, zurück in die Zukunft

Die Geschichte der Straßenbahn ist eine Geschichte voller Comebacks. So wurden die Straßenbahnnetze in den USA gewaltsam ausgerottet: Die großen Automobilhersteller kauften in den 1930er bis 1960er Jahre reihenweise Straßenbahnbetriebe und fuhren sie vorsätzlich gegen die Wand – das Ziel: Mehr Absatz der eigenen Autos – später aufgedeckt und bekannt geworden als der große Straßenbahnskandal. Heute sprießen in der den USA wieder Straßenbahnnetze aus dem Boden – selbst in Detroit, der Autostadt schlechthin, fahren seit 2017 wieder Straßenbahnen. 

Waren 1985 in Frankreich nur drei Städte mit Straßenbahnen übrig, stieg die Zahl auf aktuell 25. Selbst China, welches oft als Technologievorreiter genannt wird und zuweilen auch unkonventionelle Lösungen erprobt, setzt auf den schienengebundenen, öffentlichen Nahverkehr und baute so in den letzten zwei Jahrzehnten in Dutzenden Städten neue Netze. Auch im Silicon Valley fährt eine Straßenbahn.

Nun hat Wiesbaden, das seine Straßenbahn (und sein Stadtbild) der enttäuschten Verheißung einer autogerechten Stadt opferte, eine ähnliche Chance.

Dass die Straßenbahn weltweit trotz all dieser erheblichen Rückschläge Comebacks erlebt, zeigt, dass sie als Problemlösung keineswegs veraltet ist. Im Gegenteil. Die Unterstellung verkennt wesentliche Entwicklungen der Straßenbahn der letzten Jahrzehnte. Die Zeiten elektrisch angetriebener Kutschen sind lang vorbei. Denn moderne Straßenbahnen sind bei weitem nicht mehr die kleinen, ruckeligen Kisten, die noch in den 50ern durch Wiesbaden fuhren und bei denen Ein- und Aussteigen einem Treppenlauf gleichkam. 

Abgestimmt aufs Stadtbild: Moderne Straßenbahn in Le Havre.

Straßenbahnen wurden geräumiger, energieeffizienter, komfortabler. Der Einstieg ist fast ebenerdig, sie fahren deutlich ruhiger, können abschnittsweise ohne Oberleitung fahren und beim Bremsen sogar Energie zurückgewinnen. Sie bieten Abstellfläche für Rollstühle und Kinderwagen, verfügen über Steckdosen, Klimaanlagen, WLAN und moderne Informationssysteme. Potsdam und Darmstadt erproben aktuell autonom fahrende Straßenbahnen. Wer will, bekommt sogar individuell auf das Stadtbild zugeschnittene Züge geliefert.

Weiterlesen

The most important and urgent problems of the technology of today are no longer the satisfactions of the primary needs or of archetypal wishes, but the reparation of the evils and damages by the technology of yesterday.

Dennis Gabor, in Innovations: Scientific, Technological and Social (1970)

Im Wesentlichen unzutreffend

Donnerstag wird es spannend in der Stadtverordnetenversammlung. Denn es wird – unter anderem – um die Entscheidung gehen, ob die beiden Anti-Straßenbahn-Bürgerbegehren juristisch zulässig sind – oder eben nicht. Wir nutzen die Gelegenheit und werfen noch einmal einen Blick auf das Begehren der BI Mitbestimmung. Letzte Woche wurde (endlich) die initiale Einschätzung des Rechtsamtes der Stadt Wiesbaden zu dem Begehrenstext veröffentlicht.

Die erstmalige Einschätzung stammt vom 22. Januar 2018. Darin heißt es:

Unter der Voraussetzung, dass die in dem von Ihnen vorgelegten Muster genannten Fakten nicht in wesentlicher Hinsicht unzutreffend sind, liegen u.E. trotz eines hohen Anteils an (ausschließlich) wertenden Textbestandteilen keine Ausschlussgründe vor (…).

A. von Jagow, Ltd. Magistratsdirektor

Die Einzelbegründungen

Das Rechtsamt bestätigte Mitte Januar also, dass in wesentlichen Aspekten falsch angebrachte Fakten ein Ausschlussgrund sind. Das Begehren wäre damit unzulässig. Wir haben uns deshalb noch einmal genauer mit den acht Begründungen aus dem Begehren auseinander gesetzt.

Begründung (1): Es fallen mind. 256 Mio. € (Stand Nov. 2016) für Planung, Bau der Strecken/Eswe-Gelände auf Wiesbadener Stadtgebiet an, wovon der Wiesbadener Haushalt anteilig für Bau 31 Mio. €, für Baunebenkosten ca. 46 Mio.€, d.h. insgesamt ca. 77. Mio. € finanzieren muss. Hinzu kommen anteilige Anschaffungskosten für die Fahrzeuge in Millionenhöhe. Angesichts der Erfahrungen mit der Mainzelbahn muss mit Kostensteigerungen von deutlich über 30 % gerechnet werden. Der Bau und der Betrieb einer „Citybahn“ ist eine den Haushalt der Landeshauptstadt Wiesbaden auf Jahrzehnte belastende Maßnahme (jährl. Betriebs-/Unterhaltungskosten), dieses Geld fehlt für Schulen, Kitas, Kultur, Sport, Sauberkeit und Sicherheit in der Stadt Wiesbaden. (Begehren „Besser ohne Citybahn“)

Fakt ist: Insgesamt liegen die Kosten für Wiesbaden so bei 46,4 Millionen Euro – nicht bei behaupteten 77 Millionen. In der ersten Machbarkeitsstudie von 2016 fallen für den Bereich Hochschule Rhein-Main bis Brückenkopf „Baukosten Infrastruktur Fahrweg“ 149 Mio. € an, welche von Bund und Land zu 87,5% gefördert würden. Daraus ergibt sich ein Eigenanteil für die Baukosten i.H.v. 19 Millionen Euro. Von den 2016 angesetzten Baunebenkosten i.H.v. 59 Millionen Euro liegt nur knapp die Hälfte bei der Stadt Wiesbaden – der Rest entfällt auf Strecken außerhalb des Stadtgebietes.

Die Zahlen aus 2016 sind ohnehin unbrauchbar, da diese auf einer Routenführung basieren, die massiv vom heutigen Stand abweicht.

Nach aktueller NKU vom Juni 2018 belaufen sich die Investitionen in die Infrastruktur für die Linienführung Bad Schwalbach – Mainz Hbf auf insgesamt 297 Millionen Euro (Vergleich: 2016 waren noch 370 Mio Euro angesetzt). Selbst mit einer 30%igen Kostensteigerung auf die Baukosten läge die Gesamtsumme nur 4,5% über den 2016 angesetzten (und dem Begehren zugrunde liegenden) 370 Millionen Euro.

Sollte die CityBahn nicht gebaut werden, müssen massiv Elektro- und Wasserstoffbusse nachbeschafft werden. Straßenbahnen sind im Betrieb kosteneffizienter als Busse. Beides bedeutet: keine Einsparungen für die LHS Wiesbaden und folglich auch kein Geld , um dies in die oben angeführten Projekte zu investieren.

Begründung (2): Die Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung im Abschnitt „Theodor-Heuss-Brücke/Hochschule RheinMain, Standort Kurt-Schumacher-Ring, WI“ ist beauftragt. Ein Planfeststellungsverfahren ist noch nicht eingeleitet. (Begehren „Besser ohne Citybahn“)

Fakt ist: Sowohl im Nahverkehrsplan der LHS Wiesbaden (2008) als auch im gemeinsamen Nahverkehrsplan der LHS Wiesbaden und des RTK (2015) sehen die Entwicklung eines schienengebundenen ÖPNV in Wiesbaden vor. Diese NVPs wurden jeweils durch das Stadtparlament verabschiedet. Ansonsten ist dieser Punkt eine sachlich korrekte Feststellung des aktuellen Planungsstandes zur CityBahn – allerdings kein Argument für (oder gegen) ein Begehren.

Begründung (3): “Die Annahme (Stand 12/2017) werktäglich würden ca. 100.000 Fahrgäste die Citybahn nutzen und ca. 17.000 tägliche PKW Fahrten durch Wiesbaden vermieden, ist nicht mit nachprüfbaren Zahlen öffentlich belegt.”

Fakt ist: Die NKU (Stand 06/2018) spricht nicht von 17.000 PKW-Fahrten, sondern von 13.000 PKW-Fahrten. Diese finden auch nicht alle ‚durch Wiesbaden‘ statt, sondern verteilen sich auf die gesamte Strecke – neben den Transitfahrten also Ein- und Auspendler genauso wie PKW-Fahrten, die heute das Stadtgebiet gar nicht berühren.

Die Zahlen sind in der NKU vom Juni 2018 nachlesbar. Und sie sind plausibel, denn alleine auf dem ersten Ring im Bereich des Hauptbahnhofes fahren heute schon mehr Fahrzeuge als auf der A66 im Bereich Biebrich: über 66.000 Fahrzeuge am Tag.

Hinweis: in einer früheren Version des Artikels war von der NKU Stand 12/2017 die Rede. Die NKU selbst wurde erst im Juni 2018 veröffentlicht, die zugrunde liegenden Zahlen haben aber den Stand Dezember 2017.

Begründung (4): Der Bau der Citybahn wird das historische Stadtbild Wiesbadens dauerhaft nachteilig verändern.

Fakt ist: Bereits 1875 fuhren die ersten Pferdestraßenbahnen durch Wiesbaden, ab 1896 waren dann elektrische Straßenbahnen auf einem knapp 50 km langen Streckennetz unterwegs.  An vielen Gebäuden in der Innenstadt, Biebrich und Bierstadt finden noch heute Halterungen für die Oberleitungen der Straßenbahn. “Nachteilig” ist zudem eine hochgradig subjektive Wertung.

Begründung (5): Der Citybahn werden ca. 100 Stück Jahrzehnte alte Bäume nur entlang der Klarenthaler Straße, der Rheinstraße und der Biebricher Allee zum Opfer fallen.

Fakt ist: Diese Zahl ist spekulativ, da erst im Zuge der Entwurfsplanung eine belastbare Anzahl an betroffenen Bäumen feststeht. Zum Zeitpunkt des Begehrens war beispielsweise auch die konkrete Haltestellengestaltung in der Biebricher Allee noch unklar – die aber hat massive Auswirkungen auf die Anzahl der dort betroffenen Bäume. Diese Aussage also nicht haltbar.

Begründung (6): Die Citybahn ist nicht zukunftsorientiert, da sie auf einem Gleiskörper fährt, der nur(!) von der Citybahn genutzt werden kann. Zukünftigen Verkehrsentwicklungen, wie z.B. weiterer Ausbau von Busspuren, Fahrradwegen, autonomes Fahren und digitale Steuerung des Individualverkehrs steht sie mit einem starren, ca. 6,70 m breiten eigenem Gleiskörper im Wege! Die zur Verfügung stehenden Verkehrswege werden für andere Verkehrsmittel entlang der Streckenführung der Citybahn im Bereich des eigenen Gleiskörpers um mindestens 6,70 m Breite verringert.

Fakt ist: Die Verkehrsentwicklung im Bereich ÖPNV ist recht gut vorherzusehen, da der Bedarf im letzten Jahrzehnt stetig gestiegen ist und dies bei einer wachsenden Stadt auch weiter tun wird. Es steht nicht zu erwarten, dass Mainz, der Hauptbahnhof, Biebrich oder das Westend ihren Standort wechseln. Der Bau von Busspuren hat genauso wenig mit der CityBahn zu tun wie der weitere Ausbau von Fahrradwegen, da dies parallel zur Planung der CityBahn und unabhängig davon geschieht.

Zwei Gleise CityBahn sind im Querschnitt sechs Meter breit und damit schmaler als die im Begehren angegebenen 6,70 Meter. Zwei Busspuren hingegen messen sieben Meter.

Auch ist die Aussage, die Verkehrswege würden entlang der Strecke für andere Verkehrsteilnehmer um mindestens 6,70 Meter verringert, falsch. So sind beispielsweise zwischen der Hochschule Wiesbaden und Mainz Hbf auch zwei Kilometer straßenbündige Führung vorgesehen – ohne Auswirkungen auf die Fläche anderer Verkehrsteilnehmer. Auf anderen Abschnitten wird der Verkehrsraum insgesamt gegenüber heute vergrößert, in dem Straßen verbreitert werden oder Grünflächen umgestaltet werden  – zum Beispiel in der Biebricher Allee, der Klarenthaler Straße oder dem Gelände des geplanten Rheinbahnhofes. Mit der Aartalbahn werden knapp 15 Kilometer, also über 40% der Strecke, komplett außerhalb der heutigen Verkehrsräume liegen.

Begründung (7): Die IHK Vollversammlung hat mit 30 von 36 Stimmen am 19.09.2018 die derzeitige Planung der Citybahn abgelehnt, da u.a. Alternativen, (z.B. Einsatz größerer Busse, besseres Radwegenetz) nicht geprüft wurden. Eine seriös kalkulierte und transparente Nutzen-Kosten-Untersuchung liegt bis heute nicht vor. In ähnlicher Weise ablehnend hat sich der Einzelhandelsverband und der Haus & Grund Wiesbaden e.V. zur Citybahn geäußert.

Fakt ist: Im Gegenzug haben sich andere Organisationen und Verbände wie der VCD oder die AWO für den Bau der CityBahn ausgesprochen. Die Positionierung einzelner Interessensgruppen taugt kaum als Argument für ein Begehren; ihre einseitige Widergabe vermittelt auf den Wähler ein verzerrtes Bild des Diskussionsstandes.

Dass in der Vergangenheit keine Erprobung von Alternativen stattfand, ist falsch. Sowohl längere Busse wie der 20 Meter lange CapaCity L (geliehen von der HEAG) als auch die 25-Meter-Doppelgelenkbusse Van Hool AGG 300 wurden in Wiesbaden in auf verschiedenen Linien getestet. Ein besseres Radwegenetz ist eine Ergänzung für einen leistungsstarken ÖPNV, kein Ersatz.

Dass die NKU unseriös kalkuliert sei, ist eine wertende Unterstellung. Der Prozess der Planung der CityBahn, die Informationsmessen und -veranstaltungen, die online-Dialoge, die Dialogbox (…) sucht in Sachen Transparenz und Einbindung deutschlandweit seinesgleichen.

Behauptung (8): Der Bau der Citybahn wird über Jahre hinweg zu massiven Verkehrsstörungen, Umweltbelastungen und Störungen für den Einzelhandel, Handwerks-/ Dienstleistungs-/ Logistikbetriebe führen.

Fakt ist: Das führt der noch weiter oben im Begehren geforderte Ausbau der Busspuren ebenso – denn mit ein paar Pinselstrichen ist das nicht erledigt. Dauerhafte Busspuren, das lässt sich bei jedem BRT weltweit (und an den stark befahrenen Haltestellen in Wiesbaden) beobachten, bedürfen eines deutlich komplexeren und aufwendigeren Betonoberbaus als normale Straßen. Während der Bauphase haben diese praktisch dieselben Auswirkungen auf Einzelhandel, Handwerks-/ Dienstleistungs-/ Logistikbetriebe wie der Bau einer Straßenbahntrasse.

Zum Vergleich: Der Bau der Mainzelbahn dauerte insgesamt zweieinhalb Jahre – inklusive einer Unterführung und zwei Brücken. Im Gegensatz zur Mainzelbahn wird die CityBahn etappenweise gebaut und ebenfalls etappenweise in Betrieb gehen, da keine Wendeschleife benötigt wird. Die lokale Belastung der Anwohner durch den Bau wird daher i.d.R. nicht „über Jahre hinweg“ andauern, sondern sich auf einen überschaubaren Zeitraum beschränken, der zudem durch ein geschicktes Baustellen Managment so wenig störend wie möglich gestaltet werden kann.

Fazit

Die Begründung dient dazu, die Bürger von Ihrem Anliegen zu überzeugen. Sie können sowohl mit Tatsachen, als auch mit Meinungsäußerungen argumentieren. Wird eine Meinung geäußert, muss allerdings eindeutig ersichtlich sein, dass es sich um eine solche handelt.

Mehr Demokratie e.V.

Die acht Begründungen des Bürgerbegehrens sind ein bunter Mix aus Meinungen, Tatsachen und Tatsachenbehauptungen. Prinzipiell sind Meinungen und Tatsachen als Begründung zulässig – müssen aber jeweils als solche erkennbar sein. Die drei Meinungsäußerungen ([4], zum Teil [6] und [8]) sind nicht als Meinung gekennzeichnet und damit unzulässig. Die Begründungen ([2] und zum Teil [7]) mögen sachlich richtige Feststellungen sein, die aber wenig bis gar nicht als Argument für oder gegen ein Begehren taugen.

Die verbleibenden Begründungen basieren auf (schon damals) veralteten und daher falschen Zahlen ([1]), als Tatsachen verkleideten Spekulationen ([5]), falsch interpretierten und demnach falsch wiedergegebenen Zahlen ([3]) und nachweislichen Falschaussagen ([6] und zum Teil [7]).

Aus unserer Sicht ist hier die vom Rechtsamt gesetzte Grenze zu in wesentlicher Hinsicht unzutreffend deutlich überschritten. Ein Bürgerentscheid auf Basis der von der BI Mitbestimmung vorgeschlagen Fragen und Begründung wäre in erheblichem Umfang manipulativ und verzerrend und würde so eine legitimes Stimmungsbild zum Thema schon von vornherein verunmöglichen. Demokratische Entscheidungen dürfen nicht auf Basis nachweislicher Falschinformationen stattfinden.

Auch deshalb bleibt der Stadtverordnetenversammlung nur eine logische Möglichkeit: die Ablehnung des Begehrens.