Mit Park and Ride zum Luftreinhalteplan

Der Luftreinhalteplan des Landes Hessen geht in die zweite Fortschreibung. Noch bis zum 02. Januar 2019 können alle Bürger Einwände, Vorschläge, Kritiken einbringen – wie das geht, erfahrt ihr hier (Link). Den bisherigen Entwurf findet ihr hier (Link).

Wir haben im Kapitel Park+Ride-Parkplätze (S. 61, Kapitel 8.3.7.5) ins Detail geschaut und stellen euch die vorgesehenen Maßnahmen in und um Wiesbaden vor. Zuvor noch: Die vorgestellten Orte sind Vorschläge – denn, so schreibt der Plan:

Zur Verringerung des motorisierten Individualverkehrs in der Innenstadt ist bis 2020 die Ausweisung von mindestens fünf Park-Ride Parkplätzen vorgesehen.

Es werden also nicht zwangsweise alle Vorschläge umgesetzt. Welche und wie viele liegt aber auch in Bürgerhand – daher ist eine rege Beteiligung an dem Plan wichtig. Insgesamt sollen aber bis 2020 mindestens 1.970 P+R-Stellplätze zusätzlich entstehen.

Um die P+R-Parkplätze (sowohl die bereits bestehenden als auch die geplanten) möglichst effektiv nutzen zu können, wünschen wir uns zusätzlich eine live-Auskunft über die Belegung der jeweiligen Standorte. Damit wird nicht nur in Echtzeit ersichtlich, wo noch Platz ist (und unnötige Fahrten damit vermieden). Über eine Durchschnittsbetrachtung mehrerer Wochen wird außerdem die Wochenschankung sichtbar – also an welchen Wochentagen zu welchen Zeiten wieviel Platz ist. München beispielsweise fasst ähnliche Informationen schon im Internet zusammen. Dort sind die Belegungen sogar mit der Fahrplanauskunft der MVV verknüpft.

Für alle P+R-Plätze gilt dabei:

Bei bestehenden P&R-Anlagen soll ab Dezember 2018 und bei den neu zu schaffenden P&R-Anlagen zum jeweiligen Datum der Fertigstellung ein dicht getakteter, vergünstigter Shuttle-Bus in die Innenstadt angeboten werden.

Aus: Luftreinhalteplan, zweite Fortschreibung (Entwurf).
Übersicht der P+R-Standorte aus dem Entwurf des Luftreinhalteplans. (Eigene Darstellung auf Basis OpenStreetMap (Lizenz). Die Lage der Parkplätze wurde basierend auf den Informationen des Luftreinhalteplanes (Entwurf) angefertigt und kann daher im Detail fehlerhaft sein.)

Taunusstein

Kurzfristige Herstellung von ca. 140 Stellplätzen an zwei Standorten in Taunusstein: (1) Haltestelle Wehen Marktplatz, (2) Busbahnhof Altensteiner Straße. Weitere ca. 70 Stellplätze im Bereich Hofwiesen mittelfristig herstellbar (Baurecht liegt vor).

Aus: Luftreinhalteplan, zweite Fortschreibung (Entwurf).

In Taunusstein sind drei zusätzliche P+R-Parkplätze angedacht. Die beiden Plätze in Wehen und Bleidenstadt lägen damit auch direkt an der geplanten Route der CityBahn.

Parkplatz Platte

Der vorgesehene P+R-Parkplatz am Parkplatz Platte.
Eigene Darstellung auf Basis OpenStreetMap (Lizenz).

Einrichtung eines P&R-Parkplatzes auf dem bestehenden Parkplatz Platte (ca. 120 Stellplätze) mit Einrichtung eines Bus-Shuttles

Aus: Luftreinhalteplan, zweite Fortschreibung (Entwurf).

Niedernhausen

Der vorgesehene P+R-Parkplatz in Niedernhausen – hier am RheinMain-Theater.
Eigene Darstellung auf Basis OpenStreetMap (Lizenz).

Wiederaufbau des Bahnhaltepunkts in Niedernhausen am Rhein-Main-Theater mit ca. 300 Stellplätzen

Aus: Luftreinhalteplan, zweite Fortschreibung (Entwurf).

Hier spricht der Plan von einem Wiederaufbau des Bahnhaltepunktes Niedernhausen – vermutlich an der Ländchesbahn zwischen Niedernhausen und Wiesbaden. Der Haltepunkt läge damit knapp 1,5 km vom Niedernhausener Hauptbahnhof entfernt.

Niederwalluf

Der vorgesehene P+R-Parkplatz in Niederwalluf (Bahnhof).

Eigene Darstellung auf Basis OpenStreetMap (Lizenz).

neue P&R-Anlage mit Schienenverkehrsanbindung am Bahnhof in Niederwalluf mit ca. 150 Stellplätzen

Aus: Luftreinhalteplan, zweite Fortschreibung (Entwurf).

Der vorgesehene P+R-Parkplatz in Niederwalluf hat direkte Schienenverkehrsanbindung. Von hier aus ist mit der RB10 (Rheingaulinie) sowie mit dem neuen RE9 (Rheingauexpress) beispielsweise Frankfurt umsteigefrei zu erreichen. Fahrtzeit: Knapp 50 Minuten (RB10) bzw. 40 Minuten (RE9).

Berliner Straße

Der vorgesehene P+R-Parkplatz oberhalb der JET-Tankstelle in der Berliner Straße. (Eigene Darstellung auf Basis OpenStreetMap (Lizenz).

Bau eines Parkhauses (ca. 930 Stellplätze) auf dem derzeitigen Parkplatz Berliner Straße (oberhalb der Jet-Tankstelle)

Aus: Luftreinhalteplan, zweite Fortschreibung (Entwurf).

Hier soll also ein Parkhaus entstehen mit massiven knapp 1.000 Parkplätzen. Spannend wird hier die Verkehrsführung – das Parkhaus liegt damit ja auf der stadtauswärts-führenden Seite der Berliner Straße.

Äppelallee und Kahle Mühle

Der vorgesehene P+R-Parkplatz an der Äppelallee.

(Eigene Darstellung auf Basis OpenStreetMap (Lizenz).)

neue P&R-Anlage an der Äppelallee innerhalb des östlichen Ohres der Autobahnausfahrt mit ca. 200 Stellplätzen

Aus: Luftreinhalteplan, zweite Fortschreibung (Entwurf).

In der Äppelallee entsteht der P+R-Parkplatz hoffentlich nicht nur mit der neuen Shuttle-Verbindung in die Innenstadt – auch eine geschickte Verknüpfung mit dem regulären Busnetz erscheint sinnvoll. Auch hier wird die Verkehrsführung spannend, damit bei großem Andrang kein Rückstau entsteht, der die Autobahnausfahrt beeinträchtigt.

Zusätzlich soll der schon existente P+R-Parkplatz Kahle Mühle um knapp 60 Stellplätze erweitert werden. (/ml)

(Quelle der Karten: Eigene Darstellung auf Basis OpenStreetMap (Lizenz). Die Lage der Parkplätze wurde basierend auf den Informationen des Luftreinhalteplanes (Entwurf) angefertigt und kann daher im Detail fehlerhaft sein.)

23.12. Winterliches, autofreies Lebensgefühl in Helsinki

Helsinki ist bekannt für seine effizienten und fortschrittlichen öffentlichen Verkehrsmittel und die Straßenbahnen und Züge der Stadt sind der „grüne Weg“ durch die Stadt. Die grün-gelben Straßenbahnen gehören bereits seit 1891 zum Stadtbild Helsinkis. Die Straßenbahn ist das Hauptverkehrsmittel in der Innenstadt.

Die traditionell grün-gelben Waggons mit ihrer Schmalspur sind aus dem Stadtbild nicht weg zu denken. Die Helsinkier lieben ihre Straßenbahn, die 12 Linien tagsüber mindestens im 10 Minuten Takt verkehrt und 42 km lang ist. Die Straßenbahnen sind eins der wichtigsten Wahrzeichen der finnischen Metropole! T-Shirts und andere Souvenirs mit den Abbildungen des beliebtesten Verkehrsmittels in Helsinki sind auch bei Touristen sehr gefragt. 

Links Bikesharing, rechts Außengastronomie, in der Mitte die Tram.

(419, Helsinki flickr photo by nigelmenzies shared under a Creative Commons (BY-NC-ND) license )

In Zukunft wird das Liniennetz weiter ausgebaut, wodurch die Straßenbahn eine noch wichtigere Rolle einnehmen wird. So werden die neuen Stadtteile Kalasatama und Jätkäsaari, die zurzeit in ehemaligen Hafenarealen gebaut werden, mit der Tram erschlossen. Weitere neue Strecken sind in Planung. Die wichtigste davon wird Helsinki mit der zweitgrößten finnischen Stadt Espoo, die sich einige Kilometer westlich der Metropole befindet, verbinden.

Die günstigste Stadtrundfahrt kann man übrigens auch mit der Straßenbahn unternehmen. In einer acht-förmigen Schleife fährt die Line 2 quer durch Helsinki und kehrt nach einer Stunde an den Startpunkt, dem Senatsplatz, zurück. Dabei fährt die Straßenbahn an allen wichtigen Sehenswürdigkeiten vorbei. Zum Beispiel einigen herausragenden Bauten moderner Architektur wie der National-Oper und dem Kiasma Museum für zeitgenössische Kunst. (/ak)

Straßenbahn der Linie 4 auf einer Allee. Im Vordergrund: Rasensteine. Die Strecke ist notfalls für Fahrzeuge befahrbar und jederzeit für Fußgänger zu kreuzen.

(Tram route #4 in Helsinki flickr photo by Paarma shared under a Creative Commons (BY-NC-ND) license )

Helsinkis Verkehr ist im Umbruch: Neben den erwähnten Erweiterungen des Tramnetzwerkes plant die Stadt derzeit eine Brücke zwischen dem Stadtzentrum und der östlich gelegenen Insel Laajasolo. knapp einen Kilometer lang. Die Brücke ist ausschließlich für die Tram, Fußgänger und Radfahrer vorgesehen – für Autos bleibt weiter der knapp 10 Kilometer lange Weg über bestehende Straßen. Daneben baut die Stadt drei von sieben Stadtautobahnen zurück – auf den freiwerdenden Bereichen werden Wohngebäude für zehntausende Menschen, Parks, Freizeiteinrichtungen gebaut – und natürlich eine Straßenbahn. Ausgesprochenes Ziel der Stadt: Jedem Einwohner ein Leben ohne eigenes Auto ermöglichen.

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21.12. Der flache ULF in Wien

Die Wiener Straßenbahn gehört zu den 5 größten Straßenbahnbetrieben der Welt. Sie füllt die Lücke zwischen dem Wiener Busverkehr und der recht jungen erst 1976 eröffneten Wiener U-Bahn. Die Stadt Wien hat sich nach dem ersten Weltkrieg mit großem Erfolg um die sozialen Belange der Bevölkerung gekümmert. Dazu zählt neben dem städtischen Wohnungsbau mit hohem Anteil geförderter Wohnungen auch die Verkehrspolitik. Darum beträgt der Anteil des öffentlichen Nahverkehrs im sogenannten Modal Split 39%, während der KFZ-Verkehr nur 27% ausmacht, d.h. fast umgekehrt wie in Wiesbaden. 2016 wurden von der Wiener Straßenbahn 305,8 Millionen Passagiere auf 28 Linien transportiert.

Rechts Flexity D 301 Linie 67 Fahrtrichtung Otto Probst Platz neben ULF. Man erkennt den sehr niedrigen Bahnsteig, der bei beiden Fahrzeugen für barrierefreien Einstieg genügt.
(Flexity by Manfred Helmer (c) bildstrecke.at)

Einen besonderen Wiener Rekord hält ULF. Die Abkürzung steht für „Ultra Low Floor“ und meint Niederflurfahrzeuge in Wien. Diese im gesamten Innenraum stufenfreien Züge haben eine Einstiegshöhe von nur 18 cm (Weltrekord), so dass schon höhere Bordsteine für einen barrierefreien Einstieg genügen. Im Gegensatz zu Bussen braucht es dafür weder ein langsames sorgfältiges Heranfahren, noch Kippen des Wagens oder Ausklappen einer Rampe, geht also einfach und schnell. Für höhere Bahnsteige ist der gesamte Zug höhenverstellbar.

Flexity D 301 Linie 67 Fahrtrichtung Otto Probst Platz

(Flexity D 301 by Manfred Helmer (c) bildstrecke.at)

Der bis auf Weiteres letzte ULF wurde 2017 in Dienst gestellt. Derzeit wird ULF durch neue Züge des Typs Bombardier Flexity 2 ergänzt, die den restlichen Fuhrpark schrittweise ersetzen sollen. Der erste neue Zug fuhr fahrplanmäßig am 6. Dezember 2018. (/ws)

20.12. Von der Vergangenheit in die Zukunft

Wiesbadens Partnerstadt Wrocław, auch bekannt als Breslau, in der polnischen Woiwodschaft Niederschlesien ist mit knapp 650.000 Einwohnern gut  doppelt so groß wie die hessische Landeshauptstadt.

Der aus Berlin stammende Johannes Büssing erhielt von der Stadt Breslau im Jahre 1876 eine Konzession zum Bau und Betrieb einer Pferdestraßenbahn. Bereits vier Monate später wurde diese Konzession aber an die „BSEG – Breslauer Straßen-Eisenbahn-Gesellschaft“ übertragen, die 1877 die erste Pferdebahnstrecke in Betrieb nahm.
Im Jahr 1900 hatte die BSEG 140 Wagen, die von 524 Pferden gezogen wurden und so 15,4 Mio. Fahrgäste beförderten.

Da aber bereits 1892 die „ESB – Elektrische Straßenbahn Breslau“ gegründet und die erste elektrische Straßenbahnstrecke 1893 in Betrieb genommen wurde, war es dennoch erst 1906 soweit, dass die Pferdestraßenbahn ihren Betrieb einstellte. Die elektrische Straßenbahn von 1893 war im Übrigen auch die erste ihrer Art auf dem heutigen polnischen Staatsgebiet.

Als weiteres Straßenbahnunternehmen wurde am 6. August 1901 die „Städtische Straßenbahn Breslau (SSB)“ gegründet, welches im Besitz der Stadt war. Somit bestanden in Breslau drei unabhängig voneinander betriebene Straßenbahnnetze. Hierbei ist es interessant, dass auf dem Streckenabschnitt vom Bahnhof der Schmalspurbahn (Spurweite 750 mm) bis zur Stadtmitte die Straßenbahn die Gleise der Lokalbahn mitbenutzte, somit gab es auf dem Abschnitt drei Gleise. Diese Besonderheit blieb bis 1950 bestehen. Im Jahre 1900 beschloss der Gemeinderat der Stadt Breslau den Kauf der beiden privat geführten Straßenbahngesellschaften. 1911 konnte dieStadt den Anteil der Aktien an der BSEG erwerben und gliederte deren Linien indas eigene Netz ein.
Nachdem Ende des Ersten Weltkrieges waren in Breslau 85 Triebwagen und 150 Beiwagen vorhanden. Der Personalstand betrug 673 Mitarbeiter, welche 29,6 Millionen Passagiere beförderten. Am 1. Juni 1923 konnte von der Stadt Breslau auch das Streckennetz der ESB übernommen werden. Somit war die SSB der alleinige Betreiber in Breslau.

Breslau um 1906
(Sendker, Breslau Schweidnizer Strasse 1906, als gemeinfrei gekennzeichnet, Details auf Wikimedia Commons)

Die Straßenbahn in Breslau wurde im Zweiten Weltkrieg nahezu vollkommen zerstört. Sie litt an der Bombardierung der Stadt besonders stark („Festung Breslau“). Es dauerte jedoch nur bis zum 22. Juli 1945, bis die erste Straßenbahn wieder fuhr. Die nächsten Jahre waren vom Wiederaufbau geprägt. Es dauerte aber bis 1990, bis die letzte im Krieg zerstörte Strecke wieder aufgebaut war. 

Das nächste Unglück, welches über die Straßenbahn hereinbrach, war das Hochwasser von 1997, als große Teile des Streckennetzes zerstört wurden. Der Aufbau nach dem Hochwasser wurde auch zur Modernisierung der Strecken herangezogen.


Im Laufe der Geschichte gab es auch einige Kuriositäten auf Breslaus Schienen. So war etwa eine spezielle Linie für Postfracht vorhanden.
Güterwagen wurden mit der Straßenbahn gezogen und bis nach 1945 gab es sogar Krankentransportstraßenbahnen. Oder auch so genannte Sprengwagen, die nicht etwa explosives beförderten, sondern Wasser zum sprengen und reinigen der Straßen. Auch waren zeitweise „Kaffee auf Schienen“ oder Kinderkrippen unterwegs.

Der „Rondo Reagana“ – der zentrale Umsteigeknoten für Straßenbahnverbindungen in Breslau.

(Rondo Reagana flickr photo by Maciek Lulko shared under a Creative Commons (BY-NC) license )

Heute werden von den Städtischen Verkehrsbetrieben Breslau (MPK, Miejskie Przedsiebiorstwo Komunikacyjne) über 200 Straßenbahnen auf 22 Linien eingesetzt. Die Länge des Streckennetzes beträgt zurzeit ca. 260 km, wobei bereits weitere Ausbaupläne vorhanden sind. Auch läuft gerade die Ausschreibung über 87 weitere Straßenbahnfahrzeuge.
Auf den Schienen Breslaus finden sich 9 verschiedene Fahrzeugtypen von Konstal, Protram, Škoda, Pesa und Moderus – wovon die ältesten zwischenzeitlich fast 40 Jahre im Dienst sind.


Zusammen mit den über 300 Bussen befördern die fast 600 Straßenbahn- und 800 Busfahrer*innen im Jahr über 200 Millionen Fahrgäste. Ein weiterer Ausbau und die Modernisierung der Fahrzeuge und des Streckennetzes sind fest eingeplant. Die Erfolgsgeschichte von 125 Jahren elektrischer Straßenbahn in Breslau wird also weiter erfolgreich fortgeschrieben. (/jg)

19.12. Mit grünen Gleisen ins grüne Umland

Chemnitz ist ungefähr so groß wie Wiesbaden, was Fläche und Einwohnerzahl angeht. Dort ist die City-Bahn sehr gut in den gesamten Verkehr integriert, mit direkten Anschlüssen an Busse und die Deutsche Bahn. Zusätzlich zu dem regulären Straßenbahnen verkehren seit 2002 ebenfalls normalspurige Bahnen und verbinden die Chemnitzer Innenstadt mit dem Umland. Die City-Bahn Chemnitz verkehrt dazu in dem sogenannten Chemnitzer Modell sowohl nach EBO als auch nach BOStrab – nutzt also außerorts (ehemalige) DB-Strecken.

Was dort besonders positiv ins Auge fällt, ist die sehr gute Anbindung ins Umland, z.B. Stollberg/Erzgebirge, Mittweida usw. und die ihr Netz, seit ihrer Gründung 1997 stetig erweitert. Der weitere Ausbau des Netzes ist jetzt schon geplant. So soll die Strecke ab der TU über Thalheim bis Aue weitergeführt werden, Limbach-Oberfrohna soll mit angeschlossen werden und die ursprüngliche Pilotstrecke ins Umland nach Stollberg bis Oelsnitz verlängert werden.

Die Bahnen des Typs Vossloh CityLink fahren sowohl auf Straßenbahn- als auch auf Eisenbahninfrastruktur. Hier am Stadlerplatz.

(Falk2, J30 038 Hp Stadlerplatz, 0690 435, 438, CC BY-SA 4.0)

Auch der Fuhrpark der Chemnitzer City-Bahn wird derzeit erneuert. 35 Millionen Euro investieren die Verkehrsbetriebe in die Anschaffung von 14 ForCity-Bahnen der Skoda Transportation. In diesen 31,4 m langen Bahnen können bis zu 281 Personen befördert werden, davon 64 auf Sitzplätzen. Außerdem können durch die Niederflurbauweise in den zwei Multifunktionsbereichen jeweils bis zu vier Rollstühle oder Kinderwägen oder vier bis sechs Fahrräder mitgenommen werden. Auch für den Komfort ist gesorgt. Die Bahnen sind luftgefedert, klimatisiert und verfügen über übersichtliche Informationssysteme sowie hochentwickelte Audiosysteme für Sehbehinderte. (/bk)

Die neuen Straßenbahnen: Skody ForCity Classic. Auf dem Foto wird die Bahn auf der InnoTrans 2018 der Öffentlichkeit präsentiert.
(Falk2, J33 806 Škoda For City CVAG, ET 912, CC BY-SA 4.0)
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18.12. Tieferlegen statt hochstapeln – Die Niederflurtechnik rettet eine Straßenbahnstrecke

Eigentlich schien das Ende der klassischen Straßenbahn in Dortmund besiegelt zu sein, wurden die Strecken doch seit den 70er Jahren nach und nach zu einer – im damaligen Sinne – modernen Hochflurstadtbahn ausgebaut. Für die 17 km lange Ost-West-Strecke hätte dies massive bauliche Eingriffe und wahrscheinlich auch eine Streckenkürzung bedeutet. Denn während die anderen Stadtbahnlinien größtenteils entlang breiter Ausfallstraßen oder auf Überlandstrecken verlaufen, werden hier teilweise dörfliche Ortskerne durchfahren, in denen 1m hohe Bahnsteige ästhetisch fragwürdig sind oder schlicht aus Platzgründen nicht realisiert werden können.

Schneefall in Wickede: Engstellen wie hier in Wickede wären mit dem Vollausbau zur Hochflurstadtbahn sicher nicht kompatibel gewesen. (Bild verwendet mit Zustimmung des Urhebers: Drehscheibe-online)

Deshalb war es ein Glücksfall für diese Strecke, dass parallel zum Stadtbahnbau die Entwicklung der Niederflurstraßenbahn stattfand und die Entscheidung fiel, diese Technik hier erstmals in Dortmund zu nutzen. Mit den jetzt eingesetzten Bahnen vom Typ Bombardier Flexcity Classic reichen 35cm Bahnsteighöhe für einen stufenlosen Einstieg. Das ermöglichte es zum einen, barrierefreie Haltestellen städtebaulich verträglich umzusetzen. Zum anderen entfiel die Notwendigkeit, die Gesamtstrecke in einem Rutsch umzubauen, weil Haltestellen ohne Bahnsteig (Einstieg vom Straßenniveau über eine Klappstufe) übergangsweise weiter genutzt werden können.

Niederflurbahnsteige, wie hier an der Haltestelle Knappschaftskrankenhaus, ermöglichen Barrierefreiheit mit moderaten baulichen Eingriffen. (Joehawkins, Haltestelle Knappschaftskrankenhaus – 2, CC BY-SA 4.0)

So hat am Ende der technische Fortschritt im Fahrzeugbau das Überleben eines Stücks Straßenbahngeschichte im Ruhrgebiet gesichert. (/ab)

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17.12. Mit der Bahn auf den Berg

Die Straßenbahn Linz verkehrt auf einem Streckennetz mit 30 km Länge und einer Spurweite von 900 mm. Sie entstand im Jahre 1897 (Elektrifizierung) und hat seither einige Änderungen erfahren, sowie auch eine zehnjährige Teilung (’45 bis ’55) in zwei Betriebsteile überwunden.

Heute fahren vier Linien auf dem Straßenbahnnetz, eine fünfte Linie – dazu später mehr – auf den Pöstlingberg; zusätzlich vier O-Bus-Linien. Der Grundtakt ist ein zehn-Minuten Takt. Im Bereich des Hauptbahnhofs hat die Straßenbahn Ausprägungen einer Stadtbahn angenommen, denn sie verkehrt über mehrere Stationen unterirdisch. In diesem Streckenbereich wird die Bahn auch über Blocksignale geführt.

Im weiteren Verlauf fährt die Straßenbahn auch in einige Umlandgemeinden und verbindet diese mit der Stadt.
Obwohl die Stadt Linz an sich nur etwas mehr als 200.000 Einwohner hat, gibt es zusätzlich zur Straßenbahn und dem Bus auch ein eigenes S-Bahn-System (S-Bahn Oberösterreich) mit fünf Linien. 

(Pöstlingberg Tram flickr photo by uitdragerij shared under a Creative Commons (BY-NC) license )

Die Pöstlingbergbahn, welche die Linzerinnen und Linzer auf ihren Hausberg mit der barocken Wallfahrtskapelle bringt, war ursprünglich bis 2008 eine Schmalspurbahnstrecke und ist eine der steilsten Adhäsionsbahnen1Eine Adhäsionsbahn ist eine Eisenbahn, die nur auf der Reibung zwischen Rad und Schiene basiert und keine Hilfssysteme wie Zahnräder oder Zahnstangen benötigt. der Welt.

Seit einer Renovierung und Umspurung 2009 ist sie Teil des Straßenbahnnetzes in Linz. Sie überwindet auf einer Länge von 2,9 km einen Höhenunterschied von 255 m. Das entspricht einer durchgehenden Steigung von 8,85%, abschnittsweise werden sogar 11,6% erreicht.2 Zum Vergleich: Die Straßenbahn Mainz bringt es in der Gaustraße auf 9,55%.  Nur die Nerobergbahn kann dank des Zahnstangensystems eine höhere Steigung von 25% erreichen. (/sw)

Quellen

Quellen
1 Eine Adhäsionsbahn ist eine Eisenbahn, die nur auf der Reibung zwischen Rad und Schiene basiert und keine Hilfssysteme wie Zahnräder oder Zahnstangen benötigt.
2 Zum Vergleich: Die Straßenbahn Mainz bringt es in der Gaustraße auf 9,55%.

16.12. Ton in Ton mit der Stadt

Im Takt des Fahrplans sind Straßenbahnen im Stadtbild präsent. Bei den neuen Straßenbahnnetzen in Frankreich wird daher ein besonderer Augenmerk auf Design und Farbgebung gelegt. Beides soll optimal zur Identität der Stadt passen. So erinnern die Fronten der Bahnen in Reims an Champagnerkelche, in Lyon inspirierte die Seidenraupe das Design und in Marseille am Mittelmeer ähneln die Straßenbahnen Schiffen.

(Foto: S. Kyrieleis)

Wie bei der Mode gibt es bei der Farbgebung zwei Wege: Dezent abgestimmt oder auffällig im Kontrast. Ein einzigartiges Beispiel für die dezente Variante bietet die Stadt Le Havre im Nordwesten Frankreichs am Ärmelkanal. Nach schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg baute man die Innenstadt zwischen 1945 und 1954 neu auf. Das vorherrschende Material war dabei beige eingefärbter Beton, der der Stadt ihre markante Farbe gibt. Als Stadtensemble des 20. Jahrhunderts ist Le Havre heute auf der Liste des UNESCO-Welterbes.

Für die Wagen der im Dezember 2012 in Betrieb genommene Straßenbahn griff man die in der Stadt vorherrschende Farbe auf. Das Außendesign ist zudem von Elementen der städtischen Architektur inspiriert. So fährt die Straßenbahn direkt am Rathaus vorbei und passt sich perfekt ins Stadtbild ein.

(Foto: S. Kyrieleis)

Das Straßenbahnnetz von Le Havre (rund 172.000 Einwohner) hat heute zwei Linien mit einer Gesamtlänge von 13 Kilometern. In der Hauptverkehrszeit verkehren die 22 Straßenbahnzüge im 6-Minutentakt.  (/sk)

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13.12. Altstadt und Straßenbahn Seite an Seite

Die Straßenbahn verbindet die Vorstädte und Wohngebiete mit der historischen Altstadt und durchquert dabei auch die stark frequentierte Fußgängerzone. Außerhalb der Altstadt verläuft die Strecke weitgehend getrennt vom Straßenverkehr.

Die Straßenbahn Erfurt besteht seit 1894 und hat mittlerweile ein Streckennetz von 45 km, worauf sechs Linien verkehren. Zusätzlich gibt es noch eine Stadtbuslinie. Der Grundtakt ist 10 Minuten, jedoch entsteht durch Linienüberlagerung für viele Haltestellen ein dichterer Takt.

Obwohl bereits zu DDR-Zeiten viele Neubaustrecken zur Erschließung großer Wohngebiete im Norden und Südosten der Stadt gebaut wurden, musste das Netz um 2000 nochmals erweitert werden, um den Anforderungen an eine moderne Straßenbahn gerecht zu werden. So wurde ein Wohngebiet neu erschlossen, mehrere Lückenschlüsse vollzogen und Linien im Außenbereich verlängert. Für die Zukunft ist die Anbindung des neu entstehenden Stadtviertels „ICE-City“ geplant. Außerdem wurden im Oktober 2018 neue, extralange Fahrzeuge in Auftrag gegeben, die bis zu 240 Personen befördern können.

Zwei Straßenbahnen in der Erfurter Fußgängerzone. Würden Sie mit Ihrem Kinderagen so dich an einer Hauptstraße oder befahrenen Busspur langlaufen?
(trams op de Anger flickr photo by Gerard Stolk ( vers Noël) shared under a Creative Commons (BY-NC) license )

Die Erfurter Straßenbahn schafft es dank der guten Verbindung von Wohn-, Freizeit- und Arbeitsplätzen, dass 17% aller Wege in Erfurt mit dem ÖPNV zurückgelegt werden. Der Busverkehr spielt dabei in Erfurt nur eine untergeordnete Rolle1Obwohl die Erfurter Verkehrsbetriebe ähnliche viele Fahrgäste befördern wie die ESWE (EVAG: 51,1 Mio, ESWE: 55,0 Mio), braucht sie dafür – Straßenbahn sei Dank – nur einen Bruchteil … Continue reading und dient der Feinerschließung im Außenbereich (nur 9% der Fahrgäste fahren nicht mit den Stadtlinien).

Insgesamt werden so 58% aller Wege im Umweltverbund (ÖPNV, Rad, Fußverkehr) bewältigt. Im ÖPNV-Kundenbarometer, das die Kundenzufriedenheit bei 39 Verkehrsunternehmen untersucht liegt, Erfurt fünf mal auf Platz eins und in der Gesamtwertung auf dem dritten Rang.

Die Pünktlichkeitswerte des ÖPNV sind – aus Wiesbadener Sicht – unvorstellbar. 95% aller Fahrten sind pünktlich2Pünktlich: max. drei Minuten nach Plan. (/sw)

Quellen

Quellen
1 Obwohl die Erfurter Verkehrsbetriebe ähnliche viele Fahrgäste befördern wie die ESWE (EVAG: 51,1 Mio, ESWE: 55,0 Mio), braucht sie dafür – Straßenbahn sei Dank – nur einen Bruchteil soviele Busse (EVAG: 37 Busse, ESWE: 253 Busse)
2 Pünktlich: max. drei Minuten nach Plan

12.12. Bahnsinnig verbindend

Die Straßenbahn in München, hier liebevoll Tram genannt, fährt seit 1876. Anfangs noch von Pferden gezogen gehört inzwischen zum Stadtbild wie Oktoberfest oder Marienkirche. Dabei sollten in den 70er Jahren die damals noch zockelnden und rasselnden Bahnen nach dem Willen der Stadtväter gänzlich stillgelegt werden, U- und S-Bahnen, ergänzt durch Busse, den Nahverkehr übernehmen.

Auf einer grünen Trasse durchfährt die Tram das Kunstwerk Mae West auf dem Münchener Effnerplatz.
(SuPperLot, Dr.-Ing. Siegfried Wetzel, MaeWestStrBahn1, CC BY-SA 3.0 DE)

Doch die Betroffenen ließen sich das nicht bieten, organisierten in Bürgerinitiativen Widerstand gegen die Abbaupläne und brachten gegen erheblichen Gegendruck den Stadtrat 1986 dazu, die Weichen auf Weiterfahrt zu stellen. Heute hat die Tram kaum noch Widersacher. In Zeiten von Autoverkehrskollaps und gerichtlichen Fahrverboten wird sie modernisiert und sukzessive weiter ausgebaut. Die Fahrgäste lieben sie als bequemen, ebenerdigen und raschen Zubringer, der gerade die Lücken zwischen den unterirdischen Hauptlinien füllt.

(Poudou99, Munich – Tramways – Septembre 2012 – IMG 7137, CC BY 3.0)

Das gelingt besonders effektiv mit den neuesten Vorhaben: Querverbindungen zwischen den sternförmig aus der Stadtmitte strebenden U-Bahn-Linien. Die sogenannten Tangenten – eine im Norden, eine im Westen – ermöglichen es den Tramnutzer*innen, einen Bogen von einem Stadtteil außerhalb des Zentrums direkt mit der Straßenbahn zu schlagen, statt erst zum innerstädtischen U-Bahn-Umstieg und dann wieder stadtauswärts zufahren.

Auf einem grünen Band verbindet Linie 23 die Münchner Freiheit mit Schwabing Nord. In den Stoßzeiten fährt sie alle sechs Minuten. Sieht gar nicht aus wie ein Verkehrsweg mit tausenden Fahrgästen täglich, oder?
(Poudou99, Munich – Tramways – Septembre 2012 – IMG 7579, CC BY 3.0)

Wie an den Außenlinien eines Wäschenetzes entlang kann man künftig die bequemste Fortbewegung auch direkt haben. Für diese Vorhaben werden auch komplett neue Trassen erschlossen und ausgebaut. Die Nordtangente soll künftig auch den Englischen Garten durchqueren. Nennenswerter Widerstand regt sich nicht dagegen. Dafür ist den Münchner*innen ihre Tram viel zu sehr ans Herz gewachsen. (/ph)

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