Barcelona, Berlin, Biebrich? Vor gut zwei Jahren wurden in Barcelona die ersten Superblocks umgesetzt. Am 30. Oktober letzten Jahres hatte die Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg (Berlin) für die Einführung des ersten Superblocks in Berlin gestimmt – doch die Umsetzung lässt in diesem coronagehandicapten Jahr noch immer auf sich warten.
Die simple Idee stammt aus Barcelona: Die Wohnviertel vom Durchgangsverkehr befreien und so Platz für die Anwohner zu schaffen – zum Aufenthalt, zum Leben, für Gastronomie, Grün, Rad und Fußverkehr.
Dabei hilft das schachbrettartige Layout der Stadt ungemein. Statt Verkehr auf allen Straßen zuzulassen, werden mehrere Wohnblocks zu einem Superblock zusammengefasst. Die inneren Straßen werden zu Fußgängerzonen – Notfallfahrzeuge kommen weiterhin rein, per Zugangskontrollen ebenso die Anwohner. Durchgangsverkehr muss draußen bleiben. Für den Lieferverkehr werden wohldefinierte Parkplätze vor- und freigehalten.
Ganz so radikal wie in Barcelona dürfte der Superblock im Berliner Bergmannkiez zwar nicht ausfallen – denn Fahrten mit dem PKW werden weiter möglich. Allerdings soll die Verkehrsführung angepasst werden. Autos, die von einer Hauptstraße in das Viertel einbiegen, werden so geleitet, dass sie auf derselben Hauptstraße wieder rauskommen. Parken, Be- und Entladen soll damit weiter möglich sein – Durchfahren aber nicht. Für die schnellen Radfahrer (also den Rad-Transitverkehr) sollen auf den umgebenden Hauptstraßen Radwege entstehen – und diese damit aus dem Viertel ebenfalls raushalten.
Der Bergmannkiez ist mit einer Fläche von knapp 60 Hektar in etwa so groß wie das historische Fünfeck in Wiesbaden. Dem Beschluss voraus war die Anwohnerinitiative „Bergmannkiez für Menschen statt für Durchgangsverkehr.“ gegangen. Sie hatten in einer Umfrage die Zustimmung der Mehrheit der Anwohner*innen erhalten. Mittlerweile heißt es aus der zuständigen Bezirksverwaltung nur noch zurückhaltend, die Ergebnisse der Befragung würden von der „Fachabteilung bearbeitet.“
Gut möglich, dass auf diese Weise ein Straßenzug im nördlich gelegenen Waldseeviertel das Rennen macht. Die Bezirksverwaltung Reinickendorf empfahl dem Bezirksamt ohne Gegenstimmen, „temporäre Modalfilter“ – im Volksmund auch Blumenkübel genannt – zu installieren.
Derart einfache Maßnahmen sollten könnten auch in geeigneten Bereichen in Wiesbaden untersucht werden – denn auch hier leiden Anwohner vielerorts unter dem Durchgangsverkehr.