Durch den automatischen Versand von Wahlunterlagen an alle Wähler kann die Wahlbeteiligung spürbar erhöht werden. Das zeigt ein Blick auf die Bayrische Kommunalwahl im März 2020.
Die Krise zur Chance: Höhere Wahlbeteiligung durch Briefwahl
Zwei Wochen nach der Bayrischen Kommunal-Hauptwahl kam es am 29. März in 121 Städten und Gemeinden zu Stichwahlen. Die Stichwahl selbst – so beschloss es die Landesregierung mit Rücksicht auf die Corona-Pandemie – wurde als reine Briefwahl durchgeführt. Die Wahllokale blieben geschlossen, alle Bürger bekamen automatisch Briefwahlunterlagen zugesendet.
Das hatte einen deutlich positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung: In 109 der 121 Stichwahlen lag die Wahlbeteiligung höher als bei der Hauptwahl – in einigen Städten stieg die Wahlbeteiligung um über zehn Prozentpunkte, in Ingolstadt gar um zwölf Prozent.
Der Anstieg der Beteiligung zur Stichwahl ist kein „traditionell bayerisches Phänomen“. Das zeigt ein Blick auf die vorherige, bayerische Kommunalwahl 2014: Dort stieg die Beteiligung zur Stichwahl nur in fünf Gemeinden; in 55 sank sie teilweise drastisch. Die hohe Wahlbeteiligung ist daher höchstwahrscheinlich auf die automatische Zusendung der Wahlunterlagen zurückzuführen.
Dass sinkende Wahlbeteiligungen bei Stichwahlen eher Standard sind, zeigt auch ein Blick nach Hessen: Insgesamt 92 der aktuell amtierenden Bürgermeister und Landräte in Hessen sind durch eine Stichwahl im Amt. Bei 81 dieser Stichwahlen lag die Wahlbeteiligung niedriger als bei der Hauptwahl.
Die Hessischen Stichwahlen zeigen drei außergewöhnliche Ausreißer nach oben: Bei den Stichwahlen in Bad Karlshafen, Offenbach (Main) und Friedberg (Hessen) lag die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl um mehr als zehn Prozentpunkte höher als bei den Hauptwahlen. In Bad Karlshafen musste die Stichwahl nach einem skurrilen Scherz eines Wahlhelfers in einem Bezirk wiederholt werden; die Wiederholungswahl hatte durch die mediale Aufmerksamkeit eine enorme Wahlbeteiligung von 81,3%. Der Tag Stichwahlen in Offenbach und Friedberg fiel mit der Bundestagswahl 2017 zusammen – der Grund für die gestiegene Beteiligung.
Auch in den Hessischen Direktwahlen nimmt die Wahlbeteiligung zur Stichwahl hin also meist ab – dargestellt sind hier die jeweils letzten Landrats- und (Ober-)Bürgermeisterwahlen. Das Muster ist folglich auch hier offensichtlich – die Beteiligung bei der Stichwahl ist in der Regel geringer als bei der Hauptwahl. Die Landrats- und Bürgermeisterwahlen finden an keinem zentralen Termin statt, sodass hier der Zeitraum von 2014 bis 2020 ausgewählt ist. Dargestellt ist jeweils die letzte Wahl – sofern es eine Stichwahl war.
[…] Höhere Wahlbeteiligung durch automatische Briefwahl 18. Mai 2020 […]