Die Diskussion um die CityBahn und den Verkehr in Wiesbaden allgemein hat die Sachebene vielerorts längst verlassen. Der Weg zurück zum konstruktiven Dialog beginnt damit, die rhetorischen Tricks zu erkennen, mit denen Teile der Gegnerschaft agitieren. Wir stellen euch die häufigsten im Detail vor.
Klassiker der Rhetorik: Das Strohmann-Argument. Hier werden den Straßenbahn-Befürwortern übertriebene oder verzerrte Aussagen in den Mund gelegt. Indem diese fiktiven Aussagen dann widerlegt werden, entsteht der Eindruck eines argumentativen Sieges. Nur wurden die widerlegten Aussagen nie getroffen.
Statt auf die tatsächliche Position des Gegners und seine Argumente einzugehen, wird gegen einen nicht anwesenden, fiktiven Gegner – den „Strohmann“ – argumentiert; dabei werden diesem oft verzerrte und undifferenzierte Versionen der gegnerischen Argumentation in den Mund gelegt. Es wird dann behauptet, die Widerlegung der Strohmann-Position wäre eine Widerlegung der tatsächlichen Position des Diskussionsgegners.
Aus: Strohmannargumente.
Die Ziele dieser Strategie sind einfach: Hier sollen argumentative Siege eingefahren werden, um die eigene Position zu stärken. Und um sich nicht auf eine echte Diskussion einlassen zu müssen, werden eben Aussagen erfunden.
Beliebte Strohmannargumente der Straßenbahngegner sind:
- Straßenbahn-Befürworter seien Feinde des Autoverkehrs.
- Die CityBahn sei alternativlos.
- Die CityBahn sei ein Allheilmittel für sämtliche Verkehrsprobleme Wiesbadens.
- Die CityBahn bringe ausschließlich Vorteile mit sich.
Feinde des MIV
Womit lassen sich Diskussionen rund um das Thema Verkehr möglichst schnell polarisieren? Richtig: Mit Schwarz-Weiß-Malerei. Wer für eine Straßenbahn ist, ist gegen den Autoverkehr. Wer für sichere Radwege ist, ist Gegner des MIV. Kurz: Wer sich FÜR eine Verbesserung der anderen Verkehrsmittel einsetzt, ist damit automatisch Gegner des Autoverkehrs.
So in etwa muss man sich wohl die Gedankengänge bei Citybahn Aktivisten vorstellen: „Autofahrer sind keine Menschen !“
BI Mitbestimmung, 12. Juli 2018
On Top kommt dann noch die (für Deutschland allgemein und Wiesbaden besonders) typische Gleichsetzung von „eigenes Auto = individuelle Freiheit“ und perfekt ist das vollkommen undifferenzierte Feindbild, an dem es sich prima abarbeiten lässt. Die ermüdend monotone Unterstellung, wir wären Feinde des Autoverkehrs, ist dabei ein Strohmannargument par excellence. Denn: Das sind wir gar nicht.
Denn natürlich wird die CityBahn speziell und ein ÖPNV allgemein nie dazu führen, dass Autos insgesamt obsolet werden. Es werden immer Mobilitäts- und Transportbedarfe existieren, für die ein Auto die beste Lösung ist. Deswegen wird das Auto unumstößlich auch in Zukunft ein Baustein (von vielen) unserer Mobilität sein. Nicht umsonst war die erste eingereichte Idee aus unserem Vorschlagsportal, die wir in die Ortsbeiräte einbrachten, eine, die (ausschließlich) dem Autoverkehr diente.
Unzweifelhaft allerdgins verursacht die schiere Masse an Autos in Wiesbaden Probleme – vom täglichen Stau über stundenlanger Parkplatzsuche, bedenklichen Emissions- und Lärmmessungen bis hin zu dem Umstand, dass drei Viertel aller deutschen Autobahnen weniger frequentiert sind als unser mitten durch Wohngebiete führende 1. Ring.
Mehr Spuren lösen diese Probleme nicht. Deswegen ist die Entwicklung und Förderung von Alternativen wichtig – seien es die klassischen (Rad & ÖPNV) oder innovativere Ansätze (CarSharing, autonomes Fahren). Weitere Details findest du in unseren Positionen zum Autoverkehr.
Die Pro BI Leute haben ja nun oft genug das Auto als wahres & klares Feindbild erklärt.
BI Mitbestimmung, 26. Juli 2019
Mag ja sein, dass Sie grundsätzlich gemeinsam mit der Pro BI generell gegen Individualverkehr/ MIV sind.
BI Mitbestimmung, 26. Juli 2019
(…) als Anhänger der Anti-Auto & Anti-Indiviudalverkehr Pro Citybahn BI können Sie gerne mehr „Abschleppen“ politisch einfordern.
BI Mitbestimmung, 26. November 2019
Und ja, der Individualverkehr und das Auto ist der große Feind der Pro BI Citybahn Leute.
BI Mitbestimmung, 24. Juni 2019
Und das die Pro BI grundsätzlich für Anti Auto und Anti Individualverkehr steht, ist nicht neu.
BI Mitbestimmung, 13. Oktober 2019
Es sollte und dürfte ja mittlerweile jedem klar geworden sein, dass die Citybahn-Akteure ausschließlich an ihrem Vorhaben „Verdrängung des Individualverkehrs“ arbeiten (…)
BI Mitbestimmung, 27. Februar 2020
Alternativlos
Kein Verkehrsmittel ist alternativlos – Autos nicht, Busse nicht, Straßenbahnen auch nicht. Und obwohl der Begriff schon das ein oder andere Mal im CityBahn-Kontext fiel, ist auch die CityBahn nicht alternativlos. Es gibt durchaus alternative Verkehrsmittel, die leistungsfähiger und zuverlässiger sind als das heutige Bussystem. Und jedes davon bringt seine ganz eigenen Vor- und Nachteile mit.
Es ist ein Unterschied, ob etwas alternativlos ist oder eben unter mehreren Optionen die bessere Alternative ist. Die Straßenbahn ist nicht die einzige Option. Aber sie ist, und davon sind wir überzeugt, nach Abwägung aller Vor- und Nachteile, die beste Wahl. Der Vorstellung der Alternativen haben wir einen ausführlichen Artikel gewidmet.
Da in Wiesbaden von Anfang an Straßenbahnen gerne als alternativloses Allheilmittel propagiert und Busse & Busspuren gerne als störanfällig ausgebremst werden:
Auch Bahnen sind Sommer wie Winter störanfällig !
Daher bleiben wir bei unserer Auffassung: Nichts ist alternativlos !
Allheilmittel
Eine Straßenbahn ist niemals ein Allheilmittel für sämtliche Verkehrsprobleme einer Stadt – und so wird auch die CityBahn nicht auf wundersame Art und Weise alle Probleme Wiesbadens lösen.
Straßenbahnen haben einen wohldefinierten Aufgabenbereich: Die schnelle und effiziente Beförderung vieler Fahrgäste auf definierten Routen – und sind damit die logische Weiterentwicklung, wenn Busse an ihre Grenzen stoßen. Dazu bringen sie eine Reihe positiver Eigenschaften mit (z.B. Barrierefreiheit, Zuverlässigkeit, Energieeffizienz, Kosteneffizienz, begrünbare Infrastruktur).
Die Welt besteht nicht nur aus Fans von Massentransportmitteln, wie es eine Citybahn laut offizieller Werbung der Pro BI und der politischen Akteure sein soll. (…)
Massentransportmittel sind zukünftig (…) erst Recht kein Allheilmittel.
Außerhalb dieses Aufgabenbereiches sind Straßenbahnen tendenziell ungeeignet. So lösen sie nicht eine schlechte Anbindung aufkommensschwacher Vororte oder ländlicher Regionen. Sie lösen genausowenig schlechte Anbindungen überregionaler oder gar nationaler Relationen (beispielsweise Frankfurt, Eschborn, Köln). Sie wird nicht sämtliche Buslinien der Stadt obsolet machen oder mangelnde Radinfrastruktur kompensieren.
Eine Straßenbahn ist daher niemals die singuläre Lösung für alle Verkehrsprobleme einer Stadt oder Region – sondern stets eingebettet in ein gesamthaftes Verkehrskonzept. So ist auch die CityBahn in Wiesbaden ein zwar integraler Bestandteil, aber bei weitem nicht einziger Baustein der Verkehrsplanung.
Ausschließlich Vorteile
Der Bau einer Straßenbahn ist weder alternativlos noch eine perfekte Lösung für alle Beteiligten. Sie kann aber sehr wohl – nach Abwägung aller Vor- und Nachteile, nach Beurteilung der Alternativen – unterm Strich die beste Option sein.
Voting isn’t marriage, it’s public transport.
Debbie Moon
You’re not waiting for „the one“ who’s absolutely perfect: you’re getting the bus, and if there isn’t one to your destination, you don’t not travel – you take the one going closest.
Als solche bringt sie natürlich auch Nachteile mit sich. Im Großen wie im Kleinen ist ein derartiges Projekt von Kompromissen geprägt. Von der allgemeinen Routenführung zur konkreten Haltestellenlage, von Taktung zur Kapazität, von der Abwägung „mehr Sitzplätze vs. mehr Multifunktionsabteile“ – solche Entscheidungen bringen es stets mit sich, dass die für Individuen subjektiv schlechtere Wahl getroffen wird.
Wichtig ist, diese Nachteile ehrlich zu bewerten, abzuwägen und in die Gesamthafte Entscheidung einfließen zu lassen – wohl wissentlich, dass eine für alle perfekte Lösung nicht existiert.
Sonstige Strohmänner
Auch abseits dieser Klassiker finden sich immer wieder Unterstellungen in Strohmann-Form. Statt sich mit unseren tatsächlichen Standpunkten, Aussagen und Argumenten auseinander zu setzen, werden welche erfunden. Einige Beispiele:
[Zur Fragestellung des Bürgerentscheides] “(…) am liebsten wäre den Kollegen [der BI Pro CityBahn] wahrscheinlich etwas wie ’sind Sie gegen die Citybahn und wollen in die Klimahölle, oder wollen Sie nicht doch die Welt retten und ein guter Mensch sein?’“
W. Balzer, BI Mitbestimmung, 04. März 2020
Alle Kritiker & Gegner der Citybahn sind ja laut den Pro Aktivisten selbstredend einfach zu blöd zu verstehen oder tragen einen Aluhut. 😆😉