Die wichtigsten Fragen zuerst
Häufige Fragen zum BRT
Ein BRT (Bus Rapid Transit System) ist ein spezielles Bussystem. Durch gezielte Maßnahmen wie beispielsweise den Bau spezieller Infrastruktur, Benutzung größerer Busse, veränderten Haltestellen und Prozessabläufen ist bei einem BRT die Leitungsfähigkeit gegenüber einem herkömmlichen Bussystem stark erhöht.
Der Übergang von einem Bussystem über ein Expressbussystem hin zum BRT ist fließend und wurde lange Zeit uneindeutig verwendet. Seit 2012 existieren weltweite Standards und Bewertungskriterien für Errichtung, Betrieb und Evaluierung von BRT.
Um seine Aufgabe zu erfüllen – der Transport von deutlich mehr Fahrgästen, als es ein normales Bussystem könnte – werden an ein BRT spezielle Anforderungen gestellt. Der BRT Standard fasst diese zusammen:
- Grundlegende Anforderungen
- Durchgehende, im besten Fall baulich vom Rest des Verkehrs getrennte Fahrbahnen. Zur Reduktion von Verschleiß und Baustellen sollten diese aus Beton bestehen.
- Fahrkartenverkauf an den Haltestellen, nicht im Bus. Dadurch werden Wartezeiten reduziert.
- Minimierung von Kreuzungen; Bevorrechtigung an verbleibenden Kreuzungen.
- Barrierefreie Haltestellen
Daneben existiert eine Vielzahl weiterer Bewertungskriterien – von Bus-exklusiven Überholspuren an den Haltestellen, um Anforderungen zur Taktung über den Antrieb und die Qualität der Fahrbahn, die Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln, der Erkennbarkeit der Marke, Echtzeitinformationen für Fahrgäste, Qualitätsanforderungen an Haltestellen, Anzahl der Bustüren und viele mehr.
Je besser ein BRT diese Kriterien erfüllt, desto besser kann es seine Aufgabe erfüllen: Der dicht getaktete, schnelle und zuverlässige Transport vieler Fahrgäste.
Klare Antwort: Jein.
Ein BRT kann mit herkömmlichen Solo- oder Gelenkbussen realisiert werden. Um die Kapazität zu erhöhen, werden aber häufig größere Busse (Doppelgelenkbusse) eingesetzt. Da für ein BRT ohnehin eine separate Busfahrbahn benötigt wird, ist der Einsatz größerer Busse hier oft kein Problem.
Diese größeren Busse können dann spurgeführt sein – müssen aber nicht. Ein Spurführung (egal ob mechanisch, optisch oder induktiv) verringert die notwendige Breite der Fahrbahn, da die Fahrzeuge weniger schlingern. Sie erschwert allerdings auch das Überholen an Haltestellen.
Die meisten BRTs dieser Welt fahren mit nicht-spurgeführten Bussen. Spurführung erhöht die technische Komplexität, den Wartungsaufwand und die Fehleranfälligkeit; der vergleichsweise geringe, gesparte Platz in der Breite spielt auf den großzügigen Straßen in Lateinamerika und Asien selten eine Rolle. In Frankreich sind einige, spurgeführte BRTs im Einsatz.
Eigentlich gar nicht. Die einzige (Teil-)Route in Deutschland, die die Anforderungen eines BRT teilweise erfüllt, ist die ÖPNV-Trasse in Oberhausen. Auf 6,8 Kilometern verkehren hier Straßenbahn und Busse – getrennt vom üblichen Verkehr – durch Oberhausen. Errichtet wurde die Trasse auf einer stillgelegten, weitestgehend aufgeständerten Industriebahn.
Dass BRTs in Deutschland rar sind, liegt vor allem in zwei Ursachen begründet: Zum ersten wurden (und werden) hier notwendige Kapazitätssteigerungen im ÖPNV in der Regel per Straßen-, Stadt- oder U-Bahn bewältigt. Zweitens ist, gerade in platzbegrenzten Innenstädten, eine spurgeführte Lösung oftmals geeigneter – naheliegenderweise ebenfalls oft eine Straßenbahn.
Im europäischen Ausland wird man da schon fündiger – so mit dem Mettis in Metz, dem optischen Spurbus in Rouen oder dem MalmöExpressen in Malmö. Eine möglichst komplette Liste an BRTs findet sich auf brtdata.org.
Die Hälfte aller derzeiten BRT-Korridore des Planeten liegen in Mittel- und Südamerika; allen voran in Brasilien, Kolumbien und Mexico. BRTs sind hier häufig das Mittel der Wahl, um die Kapazität und Leistungsfähigkeit des öffentlichen Nahverkehr zu erhöhen.
Der Charme eines BRT liegt auf der Hand: Es ist vergleichsweise schnell und einfach zu errichten; Planung und Konstruktion ist weniger komplex als zum Beispiel der Bau einer Straßenbahn. Erfahrungen im Bau von Straßen (auch Betonfahrbahnen) sowie Haltestellen haben die meisten Städte und Länder, sodass hier kein spezifisches Know-How von ‚außen‘ benötigt. Auch gibt es deutlich mehr Bus- als Straßenbahnhersteller; die meisten BRTs werden außerdem mit Diesel- oder Ethanolbussen betrieben. Das spart eine aufwendige Lade- oder Oberleitungsinfrastruktur.
Auch ist die Einstiegshürde der Infrastruktur im ersten Schritt recht klein: Eine abgetrennte, exklusive Fahrbahn lässt sich mit vergleichsweise einfachen Mitteln auf bestehenden Straßen realisieren – zumal dann nicht nur die BRT-Linien profitieren, sondern alle anderen Buslinien auf dieser Strecke ebenfalls.
Das darf aber nicht über die langfristigen Nachteile eines BRT hinwegtäuschen: Um nicht binnen weniger Jahre die Fahrbahn sanieren zu müssen, wird eine Beton- statt einer Asphaltfahrbahn benötigt. Der Beton versiegelt Fläche, der Energieverbrauch ist höher als bei beispielsweise Straßenbahnen und auch BRTs sind relativ personalintensiv.
Die Welt des öffentlichen Nahverkehrs besteht aus einer endlichen Anzahl an Verkehrsmitteln. Nicht alle haben gleiche oder ähnliche Einsatzbereiche.
Zwischen klassischen Bussystemen und einer vollwertigen Stadt-/S-/U-Bahn gibt es – und das ist konsens der Fachliteratur – derzeit nur wenige Alternativen: Straßenbahnen, BRTs (und deren autonome Schwestern, die ARTs). Exotische Lösungen (wie die Wuppertaler Schwebebahn) sind nicht berücksichtigt.
Siehe auch: Alternativen zur Straßenbahn
Zu den Kernfakten
Kernfakten zu den BRTs
Ausgehend von einem 5-Minuten-Takt pro Richtung ergeben sich folgende Fahrgastkapazitäten im direkten Vergleich. Bemerkenswert ist nicht nur der absolute Unterschied, sondern auch die deutlich zahlreicheren Sitzplätze.
Stadler Variobahn (Aarhus) | Stadler Variobahn (Doppeltraktion) | Van Hool AGG Doppelgelenkbus | |
---|---|---|---|
Fahrten pro Stunde | 12 | 12 | 12 |
Plätze/Stunde (gesamt) | 2.592 | 5.184 | 1.632 |
davon Plätze/Stunde (sitzend) | 1.008 | 2.016 | 696 |
Quelle | (Link) | (Link) | (Link) |
Sowohl bei einer Straßenbahn als auch beim BRT sind die Infrastrukturkosten die mit Abstand größten Kostenblöcke. Während der Bau von Straßenbahnen massiv vom Bund bezuschusst wird, entfällt diese Förderung bei Busfahrspuren.
Bis Februar 2020 konnten bis zu 60% der Baukosten – sowohl für Straßenbahnen als auch für Busspuren (=BRT-Fahrbahnen) – aus Bundesmitteln über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) gefördert werden. Weitere zwischen 25% und 27,5% Fördermittel stellte das Land Hessen.
Mit der Novelle des GVFG im März 2020 wurde der maximale Fördersatz des Bundes auf 75% erhöht und umfasst nun zusätzlich auch die Planungskosten. Gleichzeitig entfiel aber die Förderung von Busfahrspuren, sodass diese nun nicht mehr seitens Bund bezuschusst werden.
Für die Förderung der Anschaffung neuer Fahrzeuge existieren viele Fördertöpfe; hier können wir vereinfacht davon ausgehen, dass sowohl Straßenbahnen als auch Busbahnen bezuschusst werden – analog beispielsweise der aktuellen ESWE-Elektrobusbeschaffungen.
Siehe auch: Änderungen durch die GVFG-Novelle im Volltext.
Die Gestaltung der Fahrspuren unterscheidet sich bei Straßenbahnen und BRT grundlegend.
Bus Rapid Transit-Systeme sind durchgehend betoniert (oder schlechter: asphaltiert). Die Gestaltungsmöglichkeiten halten sich hier in Grenzen – wenn man von unterschiedlichen Farbgebungen der Fahrbahn absieht. Pflaster wird aus Gründen des Fahrkomfort und der Lautstärke nicht verwendet.
Es besteht zwar die grundsätzliche Möglichkeit, bei spurgeführten BRT-Systemen einen Teil der Fahrbahn (zwischen den Reifen) zu begrünen. Allerdings ist dieser Abschnitt deutlich kleiner als bei einer Straßenbahn. Außerdem wird der Großteil der heute im Betrieb befindlichen Spurbusse durch eine zwischen den Reifen befindliche Technik spurgeführt – seien es induktive Technologien [Phileas], optische Markierungen [zB TEOR Rouen oder ART Yinbin] oder mechnische Schienen [z.B. TVR Caen]. In all diesen Fällen ist eine Mittelbegrünung nicht möglich.
Grundsätzlich anders verhält es sich bei Straßenbahnen – die Möglichkeiten der Gestaltung der Trasse sind hier vielseitig. Vom klassischen Schotter, der bei Neubauprojekten kaum noch Verwendung findet, über Asphalt und altstadtkonformem Pflaster, Rasenpflastersteine bis hin zum Rasengleis.
Für die CityBahn sind nach aktueller NKU Baukosten in Höhe von insgesamt 297 Millionen Euro angesetzt. Davon entfallen 190 Millionen Euro auf den Fahrweg der Straßenbahn, 80 Millionen Euro auf die „Verlegung von Anlagen Dritter“ (also verlegen von Strom/Wasser/Gasleitungen, Straßen und Wege) sowie 10% Planungsleistungen. Bei 34 Kilometern geplanter Strecke liegt der überschlägige Baupreis damit bei 8,8 Millionen Euro pro Kilometer.
Doch auch ein BRT benötigt entsprechende Infrastruktur. Hauptkostentreiber ist dabei die Fahrbahn aus Beton; auch die Haltestellen und Kreuzungen müssen entsprechend angepasst werden. Der Mettis in Metz beispielsweise kostete 11,9 Millionen Euro pro Kilometer, der Spurbus in Rouen 8,7 bzw 9,9 Millionen Euro pro Kilometer, der Metrobüs in Istanbul immerhin 6,6 Millionen Euro pro Kilometer.
Damit liegen die Baukosten für eine Straßenbahn und ein BRT in etwa gleichauf; auch mit Blick auf deren Lebensdauern von 30-40 Jahren.
Busse und Straßenbahnen haben unterschiedliche Lebensdauern. Busse sind nach einer Analyse des VDV in Deutschland 10, maximal 15 Jahre im Einsatz.1Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V.: Analyse der Straßen- und Stadtbahnsysteme in Europa aus technischer und wirtschaftlicher Sicht, Köln 2020, Seite 36 jQuery(‚#footnote_plugin_tooltip_7944_22_1‘).tooltip({ tip: ‚#footnote_plugin_tooltip_text_7944_22_1‘, tipClass: ‚footnote_tooltip‘, effect: ‚fade‘, predelay: 0, fadeInSpeed: 200, delay: 400, fadeOutSpeed: 200, position: ‚top center‘, relative: true, offset: [-7, 0], });. Der durchschnittliche Linienbus in Deutschland ist knapp 9 Jahre alt.
Über alle deutschen Straßenbahnbetriebe hinweg ist die durchschnittliche Straßenbahn knapp 19 Jahre alt. Lebenszyklen von Trams laufen im Achtjahreszyklus – alle acht Jahre werden die Züge generalüberholt. Die meisten Züge werden deshalb nach 24, 32 oder 40 Jahren ausgemustert. Die Straßenbahnzüge in Würzburg sind mi Durchschnitt (!) beispielsweise 29 Jahre alt.
Quellen
↑1 | Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e.V.: Analyse der Straßen- und Stadtbahnsysteme in Europa aus technischer und wirtschaftlicher Sicht, Köln 2020, Seite 36 |
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