Die Diskussion um die CityBahn und den Verkehr in Wiesbaden allgemein hat die Sachebene vielerorts längst verlassen. Der Weg zurück zum konstruktiven Dialog beginnt damit, die rhetorischen Tricks zu erkennen, mit denen Teile der Gegnerschaft agitieren. Wir stellen euch die häufigsten im Detail vor.
Die CityBahn hat prominente Unterstützer. Menschen aus Wiesbaden, deren Standpunkt Gewicht hat und die sich mit eigenen Ideen, Vorschlägen oder Ergänzungen zu Wort melden. Dies kann dazu führen, dass sich Bürger differenzierter (oder überhaupt erst) mit den Vor- und Nachteilen einer Straßenbahn auseinandersetzen. Wenn sich ein prominenter Befürworter, den man persönlich schätzt, positiv äußert, könnte an den Argumenten ja etwas dran sein.
Für Teile der Anti-Straßenbahn-Front, die eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen unterbinden möchte, sind solche Äußerungen natürlich Gift. Und statt auf die Ideen und Ansätze inhaltlich einzugehen, werden die Ideengeber einfach auf einer persönlichen Ebene attackiert.
Derartiges Vorgehen ist seit Jahrhunderten Klassiker der Rhetorik in der Kategorie Scheinargumente:
Unter einem argumentum ad hominem wird ein Scheinargument verstanden, in dem die Position oder These eines Streitgegners durch Angriff auf dessen persönliche Umstände oder Eigenschaften angefochten wird. Dies geschieht meistens in der Absicht (…) die Position und ihren Vertreter bei einem Publikum oder in der öffentlichen Meinung in Misskredit zu bringen und eine echte Diskussion zu vermeiden.
Wikipedia: Argumentum ad hominem.
Damit werden zwei wesentliche Ziele verfolgt. Zum einen sollen die Standpunkte der Personen öffentlich entwertet werden – und weil das auf argumentativer Ebene nicht gelingt, geht es auf die persönliche Ebene.
Darüber hinaus soll dieses Vorgehen verhindern, dass sich weitere Personen für die CityBahn positionieren. Wer das Risiko eingeht, zur Zielscheibe von öffentlichen Diffamierungen zu werden, äußert sich womöglich gar nicht erst.
Neben Verkehrsdezernent Andreas Kowol, der in jedem zweiten Posting und Newsletter zur Zielscheibe wird, versuchte sich die Anti-Straßenbahn-Front mit dieser Strategie beispielsweise an:
- Siegfried Huhle, der mit einem eigenen Vorschlag zur Routenführung die Diskussion in Biebrich in eine konstruktive Richtung lenkte. Der Vorwurf: Egoistische, finanzielle Motive.
- Prof. Dr.-Ing. Volker Blees, Professor für Verkehrswesen an der Hochschule, der sich mehrfach klar Pro CityBahn positionierte und die Vortragsreihe „Mobilität im Wandel“ der HSRM mitorganisiert. Vorwurf: Von einer Agentur zum Pro-Engagement beauftragt.
- Christa Gabriel, Stadtverordnetenvorsteherin und Ortsvorsteherin Mainz-Kastel. Vorwurf: Systematisches Totschweigen von Kritik und Unehrlichkeit gegenüber den Bürgern zur politischen Machtsicherung.
Da die betreffenden Akteure der Anti-Straßenbahn-Initiative zwar perfide vorgehen, aber nicht dumm sind, bleibt es meist bei Andeutungen. Genug, um beim Leser genau die gewünschte Meinung entstehen zu lassen – aber oftmals noch nicht genug, um sich im juristischen strafbar zu machen. Lediglich bei widerlegten Falschaussagen zu Prof. Dr. Blees sah sich die BI Mitbestimmung bisher gezwungen, zurückzurudern.
Beispiel: Siegfried Huhle
Am gestrigen Tage war in der Tagespresse offenbar mal wieder Tag der Agentur & Citybahn Aufträge. (…)
Newsletter „OB Stichwahl + CitybahnAgenturArbeit“ der BI Mitbestimmung, 14. Juni 2019.
Herr Huhle (Stahlbau Huhle: bereits die Haltestellen auf der Theodor Heuss Brück errichtet und sicherlich auch eine kompetente, geeignete und potentielle Firma für Ausschreibungen Citybahn bei Haltestellen, Masten, Zäune, u.ä.) plädiert für ein autofreie Rathausstraße zugunsten einer Citybahn und stattdessen einer Umfahrung entlang des Schloßparks.
Natürlich wollen wir Herrn Siegfried Huhle keine wirtschaftlichen Motive bei seinem Engagement für die Realisierung der CityBahn unterstellen, wenngleich das Werbeschild auf dem ESWE-Busdepot Gartenfeldstraße schon eine sehr enge Verbindung von ESWE-Verkehr als CityBahn-Hauptgesellschafter und der Fa. Huhle, z.B. Erbauer des ESWE-Busbahnhofs am Hochkreisel in Mainz-Kastel, dokumentiert. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.
Flyer „Biebrich – am Schlosspark“. August 2019, BI Mitbestimmung.
Beispiel: Prof. Dr.-Ing. Volker Blees
Professor Dr. Volker Blees der Hochschule RheinMain (Professur für Verkehrswesen), Befürworter der CityBahn und Mitorganisator der Veranstaltungsreihe Mobilität im Wandel sah sich im Juni 2019 ebenfalls der Unterstellung der Käuflichkeit ausgesetzt:
Am gestrigen Tage war in der Tagespresse offenbar mal wieder Tag der Agentur & Citybahn Aufträge. (…)
Mail-Newsletter „CitybahnAgenturArbeit“ der BI Mitbestimmung, 14. Juni 2019
Agenturauftrag No. 2: Die Hochschule Rhein Main bzw. Herr Prof. Blees macht im Auftrag auch gemeinsame Sache in Sachen Citybahn. (…)
Erwarten Sie daher (leider) auch in den kommenden Monaten weitere, zahlreiche und kostenintensive „Informationen“. Natürlich auf Kosten der Steuerzahler.
Aufgrund einer vorbildlichen Reaktion seitens Hr. Blees ruderte die BI Mitbestimmung knapp zwei Wochen später zurück:
Nach einem gemeinsamen und persönlichen Gespräch mit Herrn Prof. Blees möchten wir o.g. hiermit zurücknehmen. (…)
Newsletter „Richtigstellung Prof. Blees“, BI Mitbestimmung, 27. Juni 2019
Daher möchten wir an dieser Stelle, die in der Email vom 15.06.2019 getätigte Bezeichnung/Umschreibung, ausdrücklich zurücknehmen und uns hiermit dafür entschuldigen.
Weitere Beispiele
Ziert diesen Post, der das beschlossene Entschädigungsmanagement zum Bau der CityBahn als „leicht zu durchschauenden Stimmenkauf“ kritisiert, nur zufällig ein Foto von StV Hasemann-Trutzel?
Oder was gibt es für einen Grund, einen zweieinhalb Jahre alten Beitrag der CDU Wiesbaden einzubinden, der nichts mit dem geschriebenen Inhalt zu tun hat? Soll hier erneut eine Unterstellung mit einem Gesicht verknüpft werden? Ein Schelm, wer böses dabei denkt.